1. Stimmt etwas nicht mit der „Nationalen Verzehrsstudie II?


Der Verband der Kali- und Salzindustrie e. V. hält die Argumente der Kochsalzgegner für stark übertrieben

In der 28-seitigen Publikation „Salz als Lebensmittel. Unverzichtbar und wertvoll“ teilt man uns die Ergebnisse der Nationalen Verzehrsstudie II mit.

zitat_b_50Die Studie ermittelte einen Kochsalzkonsum von durchschnittlich unter 8 Gramm täglich. Die mittlere Kochsalzzufuhr beträgt demnach bei Männern 8,2 Gramm täglich und bei Frauen 6 Gramm täglich [und] der Salzverzehr liegt in Deutschland damit grob in dem Rahmen, der von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) vorgegeben wird.[1. Verband der Kali- und Salzindustrie e. V., „Salz als Lebensmittel. Unverzichtbar und wertvoll“, S. 18.] Deshalb meint der Lobbyverband, dass der bislang angenommene mittlere Salzverzehr von 12 Gramm pro Tag und mehr bislang erheblich überschätzt wurde.[2. Verband der Kali- und Salzindustrie e. V, „Unser Salzverzehr liegt im Normbereich“, Internet: http://www.vks-kalisalz.de/anwendungen/ernaehrung/salzverzehr/ (Stand: 11.2014).]

Wenn man allerdings bedenkt, wie schnell man 6 bzw. 8,2 Gramm Speisesalz aufnehmen kann, kommen starke Zweifel auf, ob die offiziellen Angaben stimmen.

Ein Beispiel aus einer „Quarks & Co.“-Sendung[3.   Axel Bach et al., Quarks & Co. (WDR), „Kostbares Salz“, schriftliche Ausarbeitung zur Sendung vom 19.04.2005.] abstand

Kochsalzaufnahme der Rentnerin Gertrud K.

Frühstück

Mittagessen

Abendessen

Scheibe Graubrot: 0,5 g

Salzkartoffeln: 3,4 g

Scheibe Graubrot: 0,5 g

mit Margarine: 0,06 g

Rindergulasch: 0,8 g

mit Margarine: 0,06 g

Marmelade: 0,0 g

mit Soße: 3,6 g

rohem Schinken: 1,4 g

Scheibe Graubrot: 0,5 g

und ein grüner Salat: 0,0 g

Scheibe Graubrot: 0,5 g

mit Margarine: 0,06 g

mit Kräuterdress.: 0,9 g

mit Margarine: 0,06 g

und eine Scheibe alter Gouda:
1,0 g

 

und gekochtem Schinken: 0,9 g

und eine Tasse Kaffee: 0,0 g

 

 

Frühstück insgesamt: 2,1 g

Mittagessen insgesamt: 8,7 g

Abendessen insgesamt: 3,4 g

aufgenommene Salzmenge des gesamten Tages: 14,2 g

abstandNach der o. g. Verzehrsstudie nehmen angeblich 95 Prozent der Frauen weniger als 9,2 Gramm Kochsalz zu sich. In der „Quarks & Co.“-Aufstellung sind aber weder ungewöhnlich salzhaltige Lebensmittel enthalten, noch wurden ungewöhnlich große Mengen verzehrt.

ausrufezeichen_c_50Außerdem sind in dieser Aufstellung eventuelle Zwischenmahlzeiten, Knabberartikel oder die Natriumaufnahme durch das Trinkwasser unberücksichtigt.

abstandKönnen die ermittelten Durchschnittswerte der Nationalen Verzehrstudie stimmen, wenn diese Rentnerin etwa das Zweieinhalbfache aufnimmt?

Ein weiteres Indiz: Die Lebensmittelbranche setzt in Deutschland schätzungsweise 800 Tonnen Speisesalz ab – pro Tag. Das sind ziemlich exakt 10 Gramm pro Tag und Einwohner. Davon muss man Kochverluste (z. B. Nudelwasser) und weggeworfene Nahrungsmittel abrechnen. Bedenkt man aber, dass Personen und Patienten, die sich bewusst kochsalzarm ernähren, gebrechliche Menschen, Babys oder Kleinkinder deutlich weniger als 10 Gramm aufnehmen, bleibt für die Allgemeinbevölkerung ein beträchtlicher Spielraum nach oben.


Beispiele für sehr salzhaltige und verpackte Lebensmittel aus dem Supermarkt

  • Salami-Snack Hähnchen (Mini-Salami): 0,6 g pro Stück (10 g)
  • Westfälischer Bauernschinken: 2,1 g / 40 g (3 Scheiben)
  • Speck in Würfeln geschnitten: 3,0 g / 40 g
  • Feta Griechischer Schafskäse: 1,2 g / 40 g
  • Harzer-Magerkäse: 1,5 g / 40 g
  • Bergkäse: 1,7 g / 40 g
  • Kräuterbutter: 0,4 g / 20 g
  • Hamburger Heringssalat: 1,5 g / 100 g
  • Salzhering: 14 g / 100 g
  • Grüne Oliven entsteint: 4,0 g / 100 g
  • Kapern in der Konserve: 5,9 g / 100 g
  • Backofenpizza mit Frühlingskräuter-Pesto: 5,4 g pro Pizza (360 g)
  • Spaghetti-Menü mit Tomatensauce: 2,0 g pro Teller (250 g)
  • Dose „Vegetarischer Bauerntopf“: 3,75 g pro Teller (250 g)
  • Dose „Bohneneintopf mit Bauchspeck und Rindfleisch“: 2,5 g pro Teller (250 g)
  • Päckchensuppe „Klare Fleischsuppe mit Suppengrün“: 2,7 g pro Teller (250 g)
  • Päckchensuppe „Tomatensuppe Toskana“: 2,9 g pro Teller (250 g)
  • Nudelsauce Bolognese: 1,4 g / 100 g
  • Würzkomposition mit Kräutern und Gewürzen: 1,35 g (3g)
  • Fertigwürze für Salat: 1,7 g pro Packung (9 g)
  • Fertigmischung zum Anmachen und Würzen von Würstchengulasch: 3,7 g pro verzehrsfertige Protion (228 g)
  • Fertigmischung zum Anmachen und Würzen von Rahm Geschnetzeltes: 2,2 g pro verzehrsfertige Protion (325 g)
  • Sojasauce: 1,35 g / 15 g (ca. 1 Esslöffel)
  • Urdinkelbrot: 1,1 g pro Scheibe (50 g)
  • Ciabatta mit Peperoni: 1,2 g pro Scheibe (50 g)
  • Salzstangen: 2,3 g (50 g)
  • Erdnussflips: 0,9 g (50g)
  • Erdnüsse im Teigmantel: 1,2 g (50 g)
  • Chips: 1,0 g (50 g)
  • Gemüsesaft: 1,4 g je Glas (200 ml)
  • Tomatensaft: 1,2 g je Glas (200 ml)

Nach oben

Wichtige Faktoren werden nicht berücksichtigt


abstandAn der 2005/2006 durchgeführten Studie[2. Teil 1: Max Rubner Institut (Hrsg)., Nationale Verzehrsstudie II, Ergebnisbericht. Karlsruhe 2008; www.mri.bund.de/cin_045/nn_784936/SharedDocs/Publikationen/nvs_ergebnisbericht_teil1.html, Teil 2: Max Rubner Institut (Hrsg.)., Nationale Verzehrsstudie II, Ergebnisbericht, Teil 2. Karlsruhe 2008; www.mri.bund.de/cin_045/nn_784936/SharedDocs/Publikationen/nvs_ergebnisbericht_teil2.html] nahmen fast 20.000 Menschen im Alter von 14 bis 80 Jahren teil. Die Daten zum Lebensmittelverzehr der jeweils letzten vier Wochen wurden per Befragung und Standard-Fragebogen erhoben und mit Hilfe eines Computerprogramms ausgewertet.

Erfasste Lebensmittelgruppen: Brot und Getreideerzeugnisse / Backwaren / Gemüse, Pilze, Hülsenfrüchte / Kartoffeln / Obst und Obsterzeugnisse / Nüsse und Samen / Fette / Milch, Milcherzeugnisse und Käse / Eier / Fleisch, Wurstwaren und Fleischerzeugnisse / Fisch / Suppen und Eintöpfe / Soßen und würzende Zutaten / Süßwaren / Knabberartikel / Getränke / Sonstiges wie Sojaerzeugnisse, vegetarische Aufstriche und Desserts.

Die Energie-, Nährstoff-, Vitalstoff- und Speisesalzzufuhr wurde mittels Bundeslebensmittelschlüssel (BLS) berechnet.

Liest man den Abschlussbericht, erfahren wir:[2. Max Rubner Institut (Hrsg.)., Nationale Verzehrsstudie II, Ergebnisbericht, Teil 2 Seite 128. Karlsruhe 2008; www.mri.bund.de/cin_045/nn_784936/SharedDocs/Publikationen/nvs_ergebnisbericht_teil2.html]

  1. Im Mittel (Median) lag die Natriumzufuhr von Männern und Frauen 4- bis 6-mal so hoch wie der Schätzwert für eine angemessene Zufuhr*.
  2. Legt man die akzeptable Zufuhr** der DGE von 2400 mg Natrium zu Grunde, erreicht der Median der Frauen in allen Altersgruppen die akzeptable Zufuhr, während der Median der Männer diese um das 1,2- bis 1,4-fache übersteigt.

* angemessen = lebensnotwendiger Bedarf
** aktzeptabel = noch gesundheitlich vertretbare tägliche Salzzufuhrabstand

fragezeichen_c_50Dann liegt ja doch alles im Rahmen!?
Es gibt allerdings einige Unstimmigkeiten, durch die das Ergebnis kräftig nach oben korrigiert werden muss.

abstand

Nach oben


Nicht berücksichtigte Daten

abstand

Dass nicht alle Aufnahmequellen erfasst wurden, wird in der immerhin 280 Seiten umfassenden Auswertung mit keiner Silbe erwähnt.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bemängelt deshalb folgende Punkte:

  • Das individuelle Zusalzen von Speisen wurde nicht berücksichtigt.
  • Die Abschätzung der Portionsgrößen von Speisen und salzhaltigen Gewürzen ist relativ ungenau.
  • Bei Lebensmitteln und Rezepten wurden nur mittlere Salzmengen erfasst.
  • Nicht alle Lebensmittel konnten einkalkuliert werden. Im Bundeslebensmittelschlüssel sind zwar praktisch alle Grundnahrungsmittel enthalten, aber der Salzgehalt vieler industriell hergestellter Produkte ist noch nicht erfasst und kann daher nicht berücksichtigt werden.

schlecht_c_50In welcher Zeit leben wir denn? Fertiggerichte, Convenience-Produkte* und Fast Food sind doch keine exotischen Lebensmittel, sondern für viele Menschen fester Bestandteil des Essalltags.

*Convenience-Produkte sind vorgefertigte Produkt, mit denen man ohne oder mit minimalem Aufwand bzw. Kochkenntnissen Mahlzeiten zubereiten kann.

Das Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund (FKE) untersuchte unter der Leitung von Dr. Mathilde Kersting und Prof. Dr. Thomas Remer, wie hoch die Abweichungen sind. Dazu analysierten sie den 24-Stunden-Urin von 14- bis 18-jährigen Jugendlichen, die an der DONALD-Studie** teilnahmen.

**DONALD (Dortmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed Study) ist eine offene Langzeitstudie, an der momenten mehr als 700 gesunde Kinder und Jugendliche teilnehmen.

Ergebnis: Der Urin zeigte 1,4- bis 1,7-mal höhere Kochsalzwerte an als die Aufnahmemengen, die in der Verzehrsstudie ermittelt worden waren.[4. Dr. Mathilde Kersting, Prof. Dr. Thomas Remer, „Ermittlung des Kochsalzkonsums in Verzehrserhebungen anhand der Kochsalzausscheidung im Urin – eine Sonderauswertung der DONALD Studie“, Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) Dortmund / Institut an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (2006).]

Bereits 1975 veröffentlichte das Forschungslabor der Bayer AG eine Studie über den Kochsalzkonsum von 106 gesunden Männern (Durchschnittsalterlter 24,5 Jahre). Welches Ziel mit der Studie verfolgt wurde, erfuhren die Teilnehmer nicht, sodass man davon ausgehen kann, dass sich die Probanden am Tag der Messung ernährten wie sonst auch. Die Kochsalzausscheidung wurde mittels 24-Stunden-Urin gemessen und betrug zwischen 4,7 und 32,7 Gramm; der Mittelwert lag bei 13,1 Gramm.

Wir scheiden Natrium aber nicht nur über den Urin aus

Auch dieser Wert muss nach oben korrigiert werden, da Kochsalz zusätzlich über Tränen, den Nasenschleim und vor allem über die 2-3 Millionen Schweißdrüsen abgesondert wird. Selbst bei gemäßigter Temperatur und ohne körperliche Anstrengung (bei trockener Haut) gibt der Körper pro Tag etwa 600 ml Schweiß ab[5. Rochus Pokan, Kompendium der Sportmedizin. Physiologie, Innere Medizin und Pädiatrie, Springer (2004), S. 266.]  ; bei körperlicher Aktivität oder emotionalem Stress* kommt man leicht auf die doppelte Menge. Da bei normaler Schweißbildung etwa 1,2 Gramm Natrium pro Liter Schweiß mit ausgeschieden werden[6.  Claus Leitzmann, Ernährung in Prävention und Therapie, Hippokrates (2003), S. 60.
Bundesinstitut für Risikobewertung, „Blutdrucksenkung durch weniger Salz in Lebensmitteln“, Stellungnahme Nr. 007/2012 des BfR, MRI und RKI vom 19.Oktober 2011. Internet: http://www.bfr.bund.de/cm/343/blutdrucksenkung-durch-weniger-salz-in-lebensmitteln.pdf (Stand: 11.2014).], muss man zur Urinausscheidung mindestens 1,5 bis 3 Gramm Kochsalz hinzurechnen.
abstand

Nach oben


"2.Nicht praxisbezogene Nährwerttabellen

 

abstand

Leider gibt es keine Studie, die die tatsächliche Salzmenge in heute erhältlichen Lebensmitteln untersucht. Man kann aber bei vielen Lebensmitteln die veralteten Angaben des Bundeslebensmittelschlüssels mit den heutigen Angaben auf den Verpackungen vergleichen.

Der Bundeslebensmittelschlüssel (BLS) ist eine Referenzdatenbank für Verzehrsstudien und meist auch Grundlage von Ernährungsberatungsprogrammen im deutschsprachigen Raum. Im BLS sind die durchschnittlichen Gehalte an Inhaltsstoffen von etwa 12.000 Lebensmitteln unterschiedlicher Verarbeitungsstufen erfasst (frische Lebensmittel, fertig zubereitete Lebensmittel (z. B. ein Wiener Schnitzel), Obst und Gemüse in Gläsern und Dosen, Trockenprodukte, Rezepturen, Getränke …).

Grundlage sind zum großen Teil nicht unabhängige Analyseergebnisse, sondern Angaben in internationalen Nährwerttabellen, in der Fachliteratur, von Verbänden, der Lebensmittelwirtschaft oder mathematische Modellberechnungen.

Tabelle: Angaben im BLS im Vergleich zu Angaben auf Verpackungen beim Discounter*

*Stichproben beim Discounter. Wenn mehrere identische Lebensmittel im Programm waren, wurde der Durchschnitt ermittelt.

 

Natriumgehalt /
Salzgehalt 
in g/100 g

 

Lebensmittel

BLS

Discounter

Unterschied

Fleischsalat

0,47 / 1,19

1,00 / 2,54

+113 %

Brot ohne Körner

0,43 / 1,09

0,65 / 1,65

+51,2 %

Pizza

0,48 / 1,22

0,60 / 1,52

+25,0 %

Kartoffelpüree

0,16 / 0,41

0,20 / 0,51

+25,0 %

Gouda

0,60 / 1,52

0,79 / 2,01

+31,2 %

Chips

0,45 / 1,14

0,70 / 1,78

+55,6 %

Kochschinken

0,94 / 2,39

1,20 / 3,05

+27,7 %

 

Unterschied im Ø  

+46,7 %


Die relativ hohen Abweichungen werden durch die Ergebnisse des Modellprojekts „Klinische Ernährungsmedizin“ bestätigt. Dieser gemeinnützige Verein mit Sitz in Freiburg setzt sich u. a. für eine qualitativ hochwertige Ernährung in Kliniken ein. In einer Untersuchung von Dr. Bertil Kluthe (2005) wurde der Kochsalzgehalt von Brot und Wurst per Analyse ermittelt und mit den Werten des Bundeslebensmittelschlüssels (BLS II.3) verglichen.

Natriumgehalt in Brot in mg/100 g

Quelle: Dr. Bertil Kluthe (2005), zitiert nach: Bundesinstitut für Risikobewertung,
„Blutdrucksenkung durch weniger Salz in Lebensmitteln“ 

 

BLS II.3

MkE1
(min.)

MkE
(max.)

MkE
(im Ø)

Unter-schied

Brötchen

451

4072

794

607

+35%

Weizenmischbrot

412

2182

916

533

+27%

Roggenmischbrot

422

289

705

501

+19%

Mehrkornbrot

396

3812

894

524

+32%

Vollkornbrot

430

3182

735

473

+10%

1 „MkE“ steht für Analysedaten des Modellprojekts „Klinische Ernährungsmedizin“
2 Spezialprodukte für das Modellprojekt 

Natriumgehalt in Wurstwaren in mg/100 g

Quelle: Dr. Bertil Kluthe (2005), zitiert nach: Bundesinstitut für Risikobewertung,
„Blutdrucksenkung durch weniger Salz in Lebensmitteln“

 

BLS II.3

MkE
(min.)

MkE
(max.)

MkE
(im Ø)

Unterschied

Bierschinken

685,0

822,2

1113,0

962,5

+41%

gekochter Schinken

942,0

991,3

1161,4

1095,6

+16%

Salami

1251,0

1547,0

1730,1

1610,9

+29%


Wie die Auswertungen zeigen, liegen auch hier die per Analyse ermittelten Werte deutlich höher. Man kann daher davon ausgehen, dass die Lebensmittel heute im Durchschnitt wesentlich mehr Salz enthalten als noch vor 20 oder 30 Jahren. Und das muss man natürlich berücksichtigen.

ausrufezeichen_50Dazu schreibt Rainer H. Bubenzer von der Berliner Medizinredaktion: „Aus dem BLS Informationen entnehmen zu wollen, die sicher und verlässlich über den Nährstoffgehalt eines Lebensmittels Auskunft geben, ist völlig illusionär.“ Und weiter: „Tragisch wird es jedoch, wenn Ernährungsberatungs-Programme aufgrund von BLS-Daten zu Verzehr-Empfehlungen für Gesunde oder Kranke kommen.“[7. Rainer H. Bubenzer, „Der Bundes-Lebensmittelschlüssel (BLS) – eine Illusion. Die Wahrheit über Datenbanken mit Nährstoff-Werten“ (Oktober 2007). Internet: http://www.dialyse.de/news/200710-Der-Bundes-Lebensmittelschluessel-BLS-eine-Illusion.htm (Stand: 11.2014).]abstand

Nach oben

"3.Nicht berücksichtigte Hilfs- und Wirkstoffe

abstand

3.1   Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel

Als Alternative zu „normalen“ Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln in Pillenform werden Brausetabletten und Brausegranulate immer beliebter. Um den Sprudeleffekt zu erzeugen, enthalten sie allerdings häufig Natriumcarbonat und Zitronensäure. Nach einem Artikel der Kantonsapotheke Zürich (KAZ) aus dem Jahr 2006 verstecken sich dadurch in Alka-Seltzer®, Aspirin plus C®, Dafalgan® und Kalium Effervetten® jeweils über 400 mg Natrium pro Brausetablette (das entspricht mehr als 1 g Kochsalz). Da man oft mehrere Arzneimitteleinheiten pro Tag benötigt, kann das die Gesundheit bedrohen. Die Kantonsapotheke gibt auch zu bedenken, dass Natrium-Hilfsstoffe in den Beipackzetteln oft nur unvollständig deklariert sind.

Recherchiert man in der schweizerischen Online-Datenbank „Arzneimittel-Kompendium“ (www.compendium.ch), findet man Hunderte Medikamente, die Natriumverbindungen enthalten. Falls eine Salzsensitivität oder Bluthochdruck vorliegen, sollte man, falls man eines dieser Mittel nimmt bzw. nehmen muss, einen Arzt oder Apotheker fragen, ob es ein Alternativprodukt gibt. Den Schmerzmittelwirkstoff Diclofenacum gibt es z. B. sowohl als „Diclofenac Natrium“ als auch als „Diclofenac Kalium“.

In der alternativen Heilkunde werden rezeptfreie basenhaltige Mittel immer beliebter. Hier liegt der Natriumgehalt einer Tagesration zwischen 3 und über 1200 mg Natrium.

3.2   Lebensmittelzusatzstoffe
Natriumhaltige Zusatzstoffe sind sowohl in industriell wie auch in handwerklich hergestellen Lebensmitteln nicht mehr wegzudenken. Grund hierfür ist die gute Löslichkeit von Natriumsalzverbindungen.

Natriumhaltige Lebensmittelzusatzstoffe:

Natriumbenzoat (E 211), PHB-Ethylester-Natriumsalz (E 215), PHB-Methylester-Natriumsalz (E 219), Natriumsulfit (E 221), Natriumhydrogensulfit (E 222), Natriumdisulfit (E 223), Natriumorthophenylphenolat (E 232), Natriumnitrit (E 250), Natriumnitrat (E 251), Natriumacetat (E 262), Natriumpropionat (E 281), Borax (E 285), Natrium-L-Ascorbat (E 301), Natriumisoascorbat (E 316), Natriumlactat (E 325), Natriumcitrat (E 331), Natriumtartrat (E 335), Natrium-Kaliumtartrat (E 337), Natriumphosphat (E 339), Natriummalat (E 350), Natriumadipat (E 356), Calcium-Dinatrium-EDTA (E 385), Natriumalginat (E 401), Natrium-Carboxymethylcellulose (E 466), enzymatisch hydrolysierte Natrium-Carboxymethylcellulose (E 469), Natriumstearoyl-2-lactylat (E 481), Natriumcarbonat (E 500), Natriumsulfat (E 514), Aluminium-Natriumsulfat (E 521), Natriumhydroxid (E 524), Natriumferrocyanid (E 535), saures Natriumaluminiumphosphat (E 541), Natriumaluminiumsilikat (E 554), Natriumgluconat (E 576), Mononatriumglutamat (E 621), Dinatriumguanylat (E 627), Dinatriuminosinat (E 631), Dinatrium-5’-ribonucleotid (E 631), Stärke-Natriumoctenylsuccinat (E 1450).

Allein vom Geschmacksverstärker Mononatrium-Glutamat (E 621) werden nach Schätzungen jährlich weltweit 1,5 Millionen Tonnen hergestellt; die Menge hat sich von 1969 bis 2007 verachtfacht! Glutamate dürfen für die meisten Lebensmittel bis zu einer Höchstmenge von 10 g pro kg zugesetzt werden. Reichlich zugesetztes Glutamat enthalten Produkte wie Fertigwürzmittel, Salatdressings, Kartoffelchips und andere Knabberartikel, Fertiggerichte, Sojasauce, Wurst und Tütensuppen. Oft sind auch verschiedene Natriumverbindungen enthalten. In Kochschinken sind es z. B. neben Natriumchlorid noch Tetranatriumpyrrophosphat, Natriumglutamat, Natriumascorbat und Natriumnitrit.

Natriumgehalt (g/kg) bei üblicher Zusatzmenge:[7. Friedrich Bauer, Karl-Otto Honikel, „Salz – eine ambivalente Zutat. Die Situation bei Fleisch und Fleischerzeugnissen“. Internet: http://foodscience.tugraz.at/ebook-proceedings/Bauer.pdf (Stand:11.2014).]

Fleisch: 0,6 g/kg
Natriumchlorid: 8,0 g/kg
Zusatzstoffe: 2,1 g/kg
Gesamt: 10,7 g/kg

Laut Ernährungsdatenbank der Universität Hohenheim liegt der Natriumgehalt von Kochschinken aber nur bei 9,42 g/kg. Der Unterschied: +13,6 %. Die Autoren Bauer und Honikel kommen deshalb zu dem Schluss: „Das Beispiel zeigt, dass eine einfache Umrechnung von Salz auf Natrium meist einen zu niedrigen Natriumwert erfasst, der analytisch gemessen beträchtlich höher sein kann.“[8. Friedrich Bauer, Karl-Otto Honikel, „Salz – eine ambivalente Zutat. Die Situation bei Fleisch und Fleischerzeugnissen“. Internet: http://foodscience.tugraz.at/ebook-proceedings/Bauer.pdf (Stand: 11.2014).]

Achtung! Glutamat ist nicht immer an Natrium gebunden. Ohne E-Nummer kann es sich hinter den Bezeichnungen „Würze“, „Speisewürze“, „Sojawürze“, „Hefeextrakt“, „fermentierter Weizen“ und „Fleischextrakt“ verstecken.abstand

Nach oben

"4.Verschweigen die Hersteller etwas? 
abstandzitat_b_50

Die belgische Verbraucherschutzorganisation „Test-Achats“ analysierte 147 Produkte und stellte fest: „Die Angaben über den Salzgehalt auf der Verpackung entsprechen oft nicht der Wirklichkeit und sind bei zahlreichen Produkten untertrieben.“[9. Test Santé, „Sel caché: nous en consommons trop“, Nummer 101, Februar 2011.]

Auch zu bemängeln ist, dass manche Hersteller bei der Salzverwendung jegliches Maß verloren haben.

Der Wurstfabrikant Stockmeyer preist seine „Ferdi Fuchs Mini Würstchen“ eine besonders gesunde Kinderwurst an.

zitat_b_50Laut Verbraucherschutzorganisation Foodwatch ist dies aber „eine gesalzene Verbrauchertäuschung. Denn mit stolzen 2 Gramm Salz pro 100 Gramm sind die ‚Mini Würstchen‘ eine wahre Salzattacke!“[10. Foodwatch, „Ferdi Fuchs Mini Würstchen“, Internet: http://www.abgespeist.de/e10694/e10706/e10712/index_ger.html (Stand: 03.2011).]

Auch die Marke „Du darfst“, die Verbraucher ansprechen möchte, die mit gesunden Produkten schlank werden wollen, setzt beim Geschmack auf Salz: ihre Salami und der „Feine Ecken“-Schmelzkäse sind mit jeweils rekordverdächtigen 3,5 Gramm Salz pro 100 Gramm angereichert.

Testberichte aus den Jahren 2010 und 2016

  • Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ermittelte den Salzgehalt von 103 fertig zubereiteten Tellergerichten mit Hausmannskost[11. Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, „Salzgehalt in Fertiggerichten. Marktcheck August/September 2010“, Internet: http://www.vz-nrw.de/mediabig/134331A.pdf (Stand: 11.2014).]. Salzgehalt im Durchschnitt: 4,35 Gramm. Spitzenreiter waren „Nürnberger Rostbratwürstchen auf Apfelkraut“ und „Backofenleberkäse in Bratensauce“. Hinter diesen Kreationen steht der TV-Koch Alfons Schuhbeck, der kochtechnisch anscheinend keine andere Möglichkeit kennt, als Produkte mit 7,21 bzw. 7,01 Gramm Kochsalz pro 100 Gramm zu kreieren. 
  • Das Verbrauchermagazin ÖKO-TEST analysierte 19 Tiefkühlpizzen. 7 Stück enthielten pro 100 Gramm 6 Gramm Kochsalz und mehr. Dass es auch moderater geht, zeigt eine Pizza von Aldi Nord, die mit nur 3,6 Gramm zu Buche schlägt.[13. Öko-Test, „Tiefkühlpizza“, Ausgabe Januar 2011, S. 16ff.]
  • Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) aus Österreich nahm die sehr beliebten Frankfurter Würstchen unter die Lupe.[14. Konsument 5/2011, „Frankfurter. Welche zum Reinbeißen sind“, Veröffentlichungsdatum: 28.04.2011.] Im Schnitt brachten es die Würste auf 2 Gramm Kochsalz pro 100 Gramm. Am salzreichsten waren diejenigen der Firmen „Dorfgold“ und „efef“ mit jeweils 2,4 Gramm. Die Tester halten dies zwar selbst für „äußerst salzig“, es hielt sie aber nicht davon ab, das Produkt von „Dorfgold“ mit „Sehr gut“ auszuzeichnen.
  • Stiftung Warentest überprüfte Brot, Brötchen, Cerealien, Schinken und Wurst, Fertiggerichte,  Fisch­spezialitäten, Kartoffel­produkte und Fertiggemüse auf den Salzgehalt und schreibt: „Das Ergebnis alarmiert: Mit nur einer Portion von vielen dieser Produkte nehmen Verbraucher oft 20 bis 80 Prozent der täglich vertret­baren Salzmenge auf“[4. Stiftung Warentest, „Salz in Lebens­mitteln: Die größten Salzsünder“, 29.03.2012. Internet: https://www.test.de/Salz-in-Lebensmitteln-Die-groessten-Salzsuender-4348583-4348587/.].
  • 2016 testete Öko-Test 22 vegetarische (fleischlose) Schnitzel, Burger, Frikadellen und Wust (Heft Juni 2016). Über die Hälfte der Fleischersatzprodukte hatte pro 100 g einen Salzgehalt von mehr als 2 Gramm. Dies trifft sowohl Bio-Produkte, wie auch konventionelle Produkte.


Rechtlich einwandfrei, aber verwirrend: unrealistische Portionsgrößen

Um den Salz-, Zucker- oder Fettgehalt zu verschleiern, geben Hersteller immer häufiger unrealistisch kleine Portionsgrößen an. So sollen 10 Gramm Salatdressing (Trockenprodukt) für drei Portionen Salat reichen. Bei Wurst sind es 25 Gramm, die einschließlich Brot satt machen sollen. Das schönt die Angaben für die empfohlene Tagensmenge enorm. Beispiel: Eine Pfeffersalami von Stockmeyer (Werbung: „voll im Geschmack“) enthält 4,25 Gramm Kochsalz pro 100 Gramm. Gemäß GDA (Guideline Daily Amount) hätte man mit diesen 100 Gramm also bereits 72 Prozent der empfohlenen Tagesmenge zu sich genommen. Begnügt man sich mit den minimalistischen 25 Gramm, sind es nur noch 18 Prozent – was den Verbraucher deutlich weniger abschreckt.

Nach oben

2. Haben Lobbyisten die EU im Griff?


abstandDer Lebensmittel-Salzgehalt unterliegt in der Europäischen Union keinerlei Begrenzung und diesen nutzen die meisten Lebensmittelhersteller ungehemmt aus. 
Als Gegenstrategie empfiehlt Jane Henney (Universität Cincinnati), Mitglied des Ausschusses für Strategien zur Salzreduktion (Committee on Strategies to Reduce Sodium Intake) in den USA, Salz zur gesundheitsschädlichen Substanz zu erklären. Damit wäre der Weg frei für verpflichtende, deutlich sichtbare Warnhinweise und Höchstmengen, die nicht überschritten werden dürfen. Sind das übertriebene Forderungen? Eines ist sicher: Wäre Kochsalz eine Neuentwicklung von Lebensmittelchemikern, hätte es aufgrund der zahlreichen und bedenklichen Nebenwirkungen keine Chance auf eine Zulassung ohne solche Verordnungen.

Die EU reglementiert aber lieber an anderer Stelle. Pflanzen, die vor 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der EU als Lebensmittel verzehrt wurden, fallen unter die „Novel Food“-Verordnung. Das bedeutet, dass die Einfuhr nur erlaubt ist, wenn eine Studie die gesundheitliche Unbedenklichkeit nachweist. Dies betrifft auch Obst- und Gemüsesorten, die in den jeweiligen Herkunftsländern seit jeher verzehrt werden. Auch traditionelle Naturheilmittel verschwinden vom Markt, weil die Hersteller aufgrund einer EU-Nachzulassungsverordnung finanziell aufwendige Belege für die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit vorlegen müssen.

Was macht die Industrie, damit man ihr auch weiterhin freie Hand lässt?

Das, was sie besonders gut kann: Lobbyarbeit. Mit kräftigem Gejammer (alles würde dann fad schmecken) und einem Herunterspielen bzw. Leugnen der Gefahren (Kochsalz ist harmlos) gelang es ihr, die verbindliche Einführung der „Lebensmittel-Ampel“ , über die das Europäische Parlament in Straßburg beraten hatte, zu verhindern.*

* Die sogenannte Lebensmittel-Ampel informiert auf leicht verständliche, mit einem einzigen Blick erfassbare Weise über die wesentlichen Inhaltsstoffe (in der Regel Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz) von Nahrungsmitteln: grün (niedriger Gehalt), gelb (mittlerer Gehalt), rot (hoher Gehalt). Zusätzlich werden die genauen Werte in Zahlen angegeben.

Thilo Bode schreibt dazu in seinem Artikel „Europa ist ein Einfallstor für Lobbyisten“ (Hamburger Abendblatt vom 5. Juli 2010):

  • Auf einen verbrauchernahen Interessenvertreter kommen nach vorsichtigen Schätzungen 100 aus der Industrie.
  • Rund eine Milliarde Euro wurden ausgegeben, um die Ampelkennzeichnung von Zucker, Fett oder Salz. zu verhindern.

zitat_b_50Zitat: „Der Eindruck drängt sich auf: Wer die meisten Mittel hat, kann die Gesetze machen.“[14. Thilo Bode, „Europa ist ein Einfallstor für Lobbyisten“, Hamburger Abendblatt 05.2010. Internet: http://www.abendblatt.de/hamburg/article1555814/Europa-ist-ein-Einfallstor-fuer-Lobbyisten.html]

Aktuell (2016), gibt es die Ampel immer noch nicht. Dabei könnte sie eine wichtige Informationsquelle sein, wie Forscher des Center for Economics and Neuroscience (Universität Bonn) im Jahr 2015 durch eine Untersuchung feststellten.

zitat_b_50„Die Ampelauszeichnung scheint die Untersuchungsteilnehmer dazu zu befähigen, ungesunden Lebensmitteln besser zu widerstehen im Vergleich zu den herkömmlichen Angaben über Gramm- und Prozentwerte der jeweiligen Inhaltsstoffe. Wahrscheinlich sorgt sie dafür, implizit stärker die Gesundheitsaspekte in seiner Entscheidung zu berücksichtigen“, fasst Prof. Weber das Ergebnis zusammen.[5. Center for Economics and Neuroscience – Life & Brain Zentrum – der Universität Bonn, „Lebensmittelampel verstärkt Selbstkontrolle“,  veröffentlicht 03. 2015]

Ähnliches gilt für das Bäckerhandwerk, das laut Bild-Zeitung den „Brot-Krieg“ gegen Brüssel gewonnnen hat.

Was wollten die Bürokraten? Die Auslobung als „gesund“, sollte nur noch für Brot mit einem Salzgehalt von höchstens 1,3 Prozent erlaubt sein. Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks, Peter Becker, betitelte dies als „diskriminierend“ und sogar „pervers“.

Seine Logik: Auch wenn man 18 bis 22 Gramm Salz pro Kilogramm Mehl zusetzt, sei Brot immer noch ein gesundes Lebensmittel.

Dass man den Kochsalzanteil ohne Probleme senken kann, zeigen Forschungsergebnisse des Diplom-Ingenieurs Alfred Mar von der HTL für Lebensmitteltechnologie in Wels (Österreich). Nach seinen Angaben kann die Salzzugabe bei Brot und Gebäck ohne Geschmackseinbußen und ohne produktionstechnische Veränderungen um 14 Prozent verringert werden.

Auch die Finnen haben uns vorgemacht, dass man herkömmliches Kochsalz reduzieren kann. Ihr kalium- und magnesiumreiches und natriumarmes „Pansalz“ wird quer durch alle Lebensmittelgruppen eingesetzt, und sogar McDonald‘s verwendet es.

Dennoch wird die Kochsalzindustrie nicht müde, die wenigen Studien zu zitieren, die vor einer allzu starken Absenkung des Kochsalzkonsums warnen, da dies zu Stoffwechselproblemen führen kann. Damit hat sie nicht unrecht, denn Natrium ist für das elektrische Potential der Zellen, die Übertragung von Nervenimpulsen, den Herzrhythmus, die Muskelarbeit und die Regulation des Wasserhaushalts unabdingbar. Deshalb müssen wir mit der Nahrung eine geringe Menge aufnehmen.

Bedenken sollte man bei veröffentlichten Studien aber immer: wer das Studiendesign vor?. Die meisten wissenschaftlichen Forschungen werden von der Lebensmittelindustrie oder der Pharmaindustrie in Auftrag gegeben. Beide Interessengruppen haben keinerlei Interesse, am Status quo irgendetwas zu ändern. Wenn man Studien ins Feld führt, bei denen die täglich aufgenommene Kochsalzmenge unter den Mindestbedarf von ca. 1-2 Gramm gedrückt wurde, hat dies mit dem realen Leben nichts zu tun. Dort kommen solch niedrige Werte in den seltensten Fällen tatsächlich vor.

zitat_b_50Die „Zeit“ gibt zu bedenken: „Im Streit um prophylaktische Salzreduktion jedoch spielen die Gegner die kollektive gegen die individuelle Perspektive aus. Frei von Hintergedanken ist das nicht immer. So tritt der Arzt Karl-Ludwig Resch* gerne auf Veranstaltungen des Verbandes der Kali- und Salzindustrie auf.“ Außerdem referiert Resch u. a. bei Konferenzen des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V.** und beim Bundesinstitut für Risikobewertung.

* Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch arbeitet beim Deutschen Institut für Gesundheitsforschung.
** Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft

Lobbyismus konzentriert sich aber nicht nur auf die Politik oder Verbände. Eine ihrer wichtigsten Ressourcen ist die Beeinflussung der Medien. Das ist heute leichter den je, denn die sinkenden Einnahmen durch Anzeigen und Zeitungsverkauf hat dazu geführt, dass der kostenintensive Recherche- Journalismus immer mehr abnimmt. Viele Internetportale und Verlage nehmen daher dankend die „kostenlosen“, aber einseitigen Informationen an.

Marvin Oppong schreibt in dem Arbeitspapier „Ausverkauf des Journalismus? Medienverlage und Lobbyorganisationen als Kooperationspartner: „Für alle Verlage der großen deutschen Zeitungen ist dieser Geschäftszweig mittlerweile zu einem
lukrativen Nebengeschäft geworden und er beklagt die „Aufweichung der Grenzziehung zwischen PR und Journalismus“.[1. Marvin Oppong, Ausverkauf des Journalismus? Medienverlage und Lobbyorganisationen als Kooperationspartner“, Otto Brenner Stiftung 2016, S. 3-4.

Copyright, Layout, Text, Grafik: Claus Barta

Alle Rechte der Verbreitung, der Übersetzung und der Vervielfältigung vorbehalten. Dies gilt auch für Fotokopie, Internet, Tonträger oder in einer anderen Form. Auszugsweise Nachdrucke sind nur mit schriftlicher Genehmigung gestattet.

Quellenangaben