Kapitel 5: Salze in der Ernährung – wo liegen die Risiken und wo der Nutzen?
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Natriumchlorid, Kalium,Magnesium:

Asthma, Bronchitis und andere Atemwegserkrankungen


1.   Für die Atemwege ist nur eine gewisse Menge an Salz unabdingbar

 

Nur durch wasserbindende Fähigkeit von Natrium trocknet das Atemgewebe nicht aus und der Schleim bleibt flüssig. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall. Bei der Erbkrankheit Mukoviszidose entziehen durch einen Gendefekt bestimme „hyperaktive“ Natriumkanäle den Atemwegen das Wasser, wodurch sie austrocknen und sich ein fast unlösbarer, zäher Schleim bildet.

Das ist aber nicht nur ein Problem von Mukoviszidose-Patienten, sondern kann nach Untersuchungen des Universitätsklinikums Heidelberg auch bei Asthma, chronischer Bronchitis, Raucherlunge oder einem Lungenemphysem (krankhafte Überblähung der Lungen) auftreten.[128. Dr. med. Marcus Mall, „Asthma und Raucherlunge: Trockene Atemwege spielen eine Schlüsselrolle“, Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg vom 01.04.2008. Internet: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de (Stand: 10.2014).]Ob hierfür möglicherweise ein erhöhter Kochsalzkonsum verantwortlich ist, dafür gibt es keine gesicherten Erkenntnisse.

Allerdings warnt die größte Lungengesellschaft Europas, die European Respiratory Society (ERS):

zitat_b_50„Eine salzhaltige Ernährung kann das Risiko für Asthma oder eine Verschlimmerung von Asthma bei Erwachsenen erhöhen.“[129. European Lung Foundation, „Schädliche Lebensmittel“, Internet: http://www.de.european-lung-foundation.org/389-schadliche-lebensmittel.htm (Stand: 01.2012).]2011 veröffentlichten dänische Wissenschaftler die Studie „High Salt Intake and Risk of Chronic Bronchitis: The Copenhagen Male Study – A 10-Year Followup“[130. Poul Suadicani, Hans Ole Hein, Finn Gyntelberg, „High Salt Intake and Risk of Chronic Bronchitis: The Copenhagen Male Study – A 10-Year Followup“, ISRN Pulmonology, Volume 2011 (2011), Article ID 257979. Internet: http://www.hindawi.com/journals/isrn/2011/257979 (Stand: 10.2014).]An dieser Studie nahmen 2.183 Männer im Alter von 46 bis 65 Jahren teil, die zu Beginn keine relevanten Lungen-Symptome hatten. Ausgewertet wurden das Rauchverhalten, die berufliche Staubbelastung, der Alkoholkonsum, die soziale Klasse und der Salzkonsum. Nach 10 Jahren wurden die Teilnehmer befragt, inwieweit sie an für chronische Bronchitis typischen Symtomen litten.

Bereinigt um die anderen möglichen Auslöser, hatten die Studienteilnehmer mit hohem Salzkonsum ein signifikant höheres Risiko, an einer chronischen Bronchitis zu erkranken, als solche mit niedriger Salzaufnahme.

Fazit der Studienautoren:

zitat_b_50The results suggest that salt restriction may prevent chronic bronchitis. The present incidence study supports the idea that high salt intake is not only associated with asthma, bronchial hyperresponsiveness, and various other lung symptoms, but also with chronic bronchitis as conventionally defined. A pragmatic clinical implication would be to include information on salt preference from the bronchitis patient and take action accordingly. 

Die  Autoren betonen damit zwar, dass eine hohe Salzzufuhr nicht der alleinige Risikofaktor für Asthma, bronchialer Hyperreagibilität und verschiedener anderer Symptome im Bereich der Lunge ist.

Aber die Empfehlung an die Therapeuten ist unmissverständlich: man muss die  Patienten über die Gefahren von zuviel Kochsalz informieren, zumindest wenn Beschwerden im Bronchialbereich vorliegen.

 

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2. Die Bedeutung von Kalium und Magnesium
abstand

Magnesium entkrampft durch die Stabilisation der Zellmembran nicht nur die Atemwegsmuskulatur, es hilft auch bei der Stressbewältigung.

Der Zusammenhang zwischen Asthma, vermindeter Lungenfunktion und dem, was einem im Alltag „die Luft raubt“, wird durch viele Studien eindeutig belegt. Eine 2005 von Forschern der University of Wisconsin-Madison (USA) veröffentliche Untersuchung erbrachte den Nachweis, dass oft bereits die Nennung von Worten wie „Keuchen“ oder „Einsamkeit“ zu einer Verschlimmerung der Asthmasymptome führt.[131. Melissa A. Rosenkranz et al., „Neural circuitry underlying the interaction between emotion and asthma symptom exacerbation“, Proc Natl Acad Sci U S A. 2005 Sep 13;102(37):13319-24. Epub 2005 Sep 2. Internet: http://www.investigatinghealthyminds.org/ScientificPublications/2005/RosenkranzNeuralPNAS.pdf (Stand: 10.2014).]Eine Studie der Medizinischen Universität Lublin in Polen fand bei Babys mit Lungenentzündung (n = 54) bzw. chronisch obstruktiver Bronchitis (n = 48) im Vergleich zur Kontrollgruppe die niedrigsten Magnesiumkonzentrationen im Blut. [132. Anna Bednarek, Kazimierz Pasternak, Maria Karska., „Evaluation of blood serum, erythrocyte and urine magnesium concentrations in babies with pneumonia or bronchial obstructive bronchitis“, Magnes Res., 2003 Dec;16(4):271-80. Internet: http://www.jle.com/en/revues/mrh/e-docs/evaluation_of_blood_serum_erythrocyte_and_urine_magnesium_concentrations_in_babies_with_pneumonia_or_bronchial_obstructive_br_261583/article.phtml?tab=images (Stand: 10.2014).]Indische Wissenschaftler des Department of Respiratory Medicine, Calcutta National Medical College, untersuchten die Serumwerte von 50 Asthma-Patienten und 45 Kontrollpersonen.[133. Sibes Kumar Das, Arup Kumar Haldar, Indranath Ghosh et al., „Serum magnesium and stable asthma: Is there a link?“, Lung India, 2010 Oct;27(4):205-8. Internet: http://www.lungindia.com/temp/LungIndia274205-62521_172201.pdf (Stand: 10.2014).] Bei Teilnehmern ohne Asthma lagen die Magnesiumwerte im Normbereich. Von den 50 Patienten mit Asthmasymptomatik litten 14 an Magnesiummangel (Hypomagnesiämie).

Auch die positive Wirkung von Magnesiumsupplementen bei Atemwegserkrankungen wurde mehrfach belegt:

  • Bede et al.[134. O. Bede, D. Nagy, A. Surányi, I. Horváth, M. Szlávik, K. Gyurkovits, „Effects of magnesium supplementation on the glutathione redox system in atopic asthmatic children“, Inflamm Res. 2008 Jun;57(6):279-86. Internet: http://link.springer.com/article/10.1007/s00011-007-7077-3#page-1 (Stand: 10.2014).]: Magnesium vermindert den oxidativen Stress bei Asthma durch den positiven Einfluss auf das Glutathion-Redoxsystem.
  • Gontijo-Amaral et al.[135. [C. Gontijo-Amaral, M. A. Ribeiro, L. S. Gontijo, A. Condino-Neto, J. D. Ribeiro, „Oral magnesium supplementation in asthmatic children: a double-blind randomized placebo-controlled trial“, Eur J Clin Nutr. 2007 Jan;61(1):54-60. Epub 2006 Jun 21. Internet: http://www.nature.com/ejcn/journal/v61/n1/full/1602475a.html (Stand: 10.2014).]: Nach einer oralen Aufnahme von 300mg Magnesium über einen Zeitraum von zwei Monaten hatten Kinder mit allergischem Asthma (n= 18) im Vergleich zur Kontrollgruppe (n = 19), die ein Placebo erhielt, deutlich bessere Werte beim Methacholin-Provokationstest (inhalativer Provokationstest). Außerdem verringerten sich im Gegensatz zur Placebogruppe allergische Hautsymtome, Notfallmedikamente mussten seltener eingesetzt werden, und eine Verschlechterung der Asthmasituation (Asthma-Exazerbationen) trat signifikant seltener auf.
  • Hill et al.[136. J. Hill, A. Micklewright, S. Lewis, J. Britton, „Investigation of the effect of short-term change in dietary magnesium intake in asthma“, Eur Respir J. 1997 Oct;10(10):2225-9. Internet: http://www.ersj.org.uk/content/10/10/2225.full.pdf (Stand: 10.2014).]: 17 Patienten mit Asthma wurden zunächst über mehrere Wochen auf eine magnesiumarme Diät gesetzt und erhielten dann entweder ein Placebo oder ein Präparat mit 400mg Magnesium pro Tag. Bereits nach kurzer Zeit zeigte sich bei Magnesiumbehandlung eine signifikant geringere Asthmasymptomatik als in der Placebogruppe.

Die folgende Tabelle zeigt die Auswirkungen einer verminderten Magnesium- und Kaliumzufuhr auf die Lungenfunktion von 2.566 Kindern im Alter von 11 bis 19 Jahren.

Jungen

%-Differenz

95%

Konfidenz-Intervall

Magnesium

FVC

−2,84

−5,4,

−0,2

FEV1

−2,67

−5,4,

+0,1

FEF25-75

−3,63

−9,0,

+2,1

FEF75

−4,69

−12,0,

+3,2

Kalium

FVC

+0,05

−2,5,

+2,7

FEV1

−1,13

−3,8,

+1,6

FEF25-75

−3,51

−8,7,

+2,0

FEF75

−5,10

−12,2,

+2,5

Mädchen

%-Differenz

95%

Konfidenz-Intervall

Magnesium

FVC

−0,55

−3,1,

+2,0

FEV1

−1,66

−4,4,

+1,1

FEF25-75

−4,84

−9,8,

+0,4

FEF75

−8,33

−14,8,

−1,4

Kalium

FVC

−2,40

−4,7,

−0,1

FEV1

−2,68

−5,2,

−0,1

FEF25-75

−3,85

−8,5,

+1,1

FEF75

−6,15

−12,3,

+0,5

Quelle: C. D. Veichtlbauer, N. Vetter, „Kalium und Magnesium in der Pulmologie“, Journal für Mineralstoffwechsel 2003; 10 (Sonderheft 1), 26-28. Modifiziert nach F. D. Gilliland, „Dietary magnesium, potassium, sodium, and children’s lung function“, Am J Epidemol 2002; 155: 125–31.

klammer_c_50Wie aus dieser Studie von Frank D. Gilliland  und Kollegen hervorgeht, verschlechtert sich sowohl bei Kalium- als auch bei Magnesiummangel die Lungenfunktion. Ein weiteres Indiz für diesen Zusammenhang: Je niedriger die Zufuhr, umso schlechter werden die Werte.

Copyright, Layout, Text, Grafik: Claus Barta

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Quellenangaben