1. Die Nieren leiden still
Wie bei Bluthochdruck entwickeln sich Nierenprobleme schleichend und in der Regel schmerzlos. Daher wird der Stellenwert von Nierenkrankheiten im Allgemeinen stark unterschätzt.
Nierenkrankheiten in Deutschland in Zahlen
- Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Nieren: etwa 18 Millionen
- fortgeschrittenes Stadium mit der Gefahr chronischen Nierenversagens: 2,5 Millionen
- weit fortgeschrittenes Stadium chronischen Nierenversagens: 120.000
- Dialyse oder Nierentransplantation: 70.000
Quelle: Klinik für Innere Medizin I des St.-Johannes-Hospitals in Dortmund[157. Klinik für Innere Medizin I, St.-Johannes-Hospital Dortmund, „Nephrologie – Allgemeines“, Internet: http://inneremedizin1.joho-dortmund.de/bedeutung-von-nierenerkrankungen-inneremedizin1.html (Stand: 10.2014).]
Nachlassende Nierenfunktion
Dr. Julie Lin, Nierenspezialistin am Bostoner Brigham and Women’s Hospital und ihr Kollege Dr. Gary Curhan untersuchten die Auswirkung einzelner aufgenommener Nährstoffe auf die Nierenfunktion.
Dazu werteten sie Daten der vielzitierten Langzeitstudie Nurses‘ Health Study aus, die bereits seit 1976 läuft. Der Betrachtungszeitraum lag bei 11 Jahren und umfasste eine Probandenzahl von mehr als 3.000 Krankenschwestern.
Die Forscher stellten fest, dass „bei Frauen mit einer sehr guten Nierenfunktion eine höhere Aufnahme von Natrium mit einem größeren Nachlassen der Nierenfunktion einherging“[158. Shari Leventhal, „Help your kidneys: Pass on salt and diet soda“, American Society of Nephrology®, Internet: http://www.asn-online.org/press/Renal%20Week-09/3a-Lin%20release.pdf (Stand: 02.2011).] und dass damit experimentell ermittelte Daten am Tiermodell bestätigt werden konnten.
Auch für alle Süßstofffans hat sie eine schlechte Nachricht: Während mit Zucker gesüßte Getränke keinen Einfluss auf die Nierenfunktion hatten, verschlechterte sich diese, wenn man zwei oder mehr künstlich gesüßte Getränke am Tag zu sich nimmt.
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn die Nieren bereits angeschlagen sind
Dr. med Pascal Meiera (Division de néphrologie, Hôpital du Valais, Sion) und Prof. Dr. med. Bruno Vogt (Abteilung für Nephrologie/Hypertonie und Klinische Pharmakologie, Inselspital, Bern) warnen vor einer Kochsalzüberladung, wenn Patienten an einer Nierenerkrankungen leiden.
Dies könne die Proteinurie verstärken, die Wirksamkeit einer Therapie gegen die Proteinurie verändern, Ödeme fördern und letztendlich auch „die immunosuppressive Wirkung der zur Hemmung der Abstossungsreaktion bei Organtransplantationen eingesetzten Medikamente beeinflussen“.
Die Autoren fordern daher, den Salz-Überkonsum einzudämmen und „die bestehenden Richtlinien für Patienten mit Hypertonie und offiziellen, validierten Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung, auch für Patienten mit CNI, zu fördern, darunter diejenigen der NKF-K/DOQI (National Kidney Foundation, USA), die für Patienten mit CNI* eine Natriumzufuhr von 2,0–2,3 g/Tag (5–5,75 g Salz/Tag) vorsieht“.[2. Pascal Meier, Bruno Vogt, „Salz und Niereninsuffizienz“, Schweiz Med Forum 2014;14(4):50–53, Internet: http://www.spital-lachen.ch/fileadmin/files/dokumente/marketing/nephrologie_aerzte/salz_und_niereninsuffizienz.pdf (Stand: 09.2016)]
* CNI: Chronische Niereninsuffizienz
Eine Kohortenstudie aus den USA untersuchte bei 3.757 Patienten mit chronischer Nierenschwäche, den Zusammenhang zwischen dem Kochsalzkonsum und der Gefahr für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko.[5. Mills KT, et al., „Sodium excretion and the risk of cardiovascular disease in patients with chronic kidney disease“, JAMA. 2016;315:2200–10] Die Kochsalzaufnahme wurde mittels 3 Urinproben ermittelt und die Teilnehmer waren durchschnittlich 58 Jahre alt. Der mittlere Nachbeobachtungszeitraum betrug 6,8 Jahre.
Das Ergebnis: Je höher die Natriumausscheidung der Probanden war, desto höher war auch das Risiko einen Schlaganfall zu erleiden, bzw. dass sich eine Herzschwäche einstellte. Das Herzinfarkt-Risiko stieg ebenfalls, aber nicht signifikant.
Natriumausscheidung (24-Stunden-Urin) |
Wahrscheinlichkeit für ein kardiovaskuläres Ereignis |
< 2 894 mg |
18,4 % |
≥ 4 548 mg |
29,8 % |
2. Ablagerungen, Steinbildung und Entzündungen
Die Nieren sind die wichtigste Zentralstelle zur Feinregulation vieler Mineralien. Das gilt auch im Falle von Natrium und Chlorid und werden diese nicht in ausreichendem Maße ausgeschieden werden kann, wird den Knochen Calcium entzogen, damit Blut und Gewebe nicht übersäuern.
Mögliche Begleiterscheinungen:
- Natrium bzw. Calcium lagern sich im Gewebe, an den Gelenken und in den Blutgefäßen in kristalliner Form ab.
- Dadurch wird die Steinbildung gefördert (der häufigste Nieren- und Harnsteintyp entsteht aus Calciumoxalsäure).
- Kalium fehlt, um pH-Verschiebungen in den Nieren und in der Blase abzupuffern.
Der letzte Punkt ist bei entzündlichen Harnwegsprozessen entscheidend. Die Buchautorin Dr. Siklinde Hakushi schreibt in diesem Zusammenhang:
Was das Problem noch verschlimmert: Unsere Nieren scheiden unglücklicherweise umso mehr des wichtigen Kaliums aus, je mehr Natrium wir zu uns nehmen. Für die Nieren als unsere wichtigsten Entgiftungsorgane ist das fatal. Fatal ist das nicht nur in Hinsicht auf den Kaliumhaushalt, sondern auch im Hinblick auf den dadurch oftmals chronisch erniedrigten pH-Wert des Urins und damit einer der Gründe für Nieren- und Blasenprobleme.[159. Dr. Siklinde Hakushi, „Kalium ist ein Schlüsselfaktor für Nierengesundheit“, Internet: http://www.rauch-verlag.de/page,Kalium (Stand: 10.2014).]
3. Die Bedeutung von Magnesium
Weniger Calcium = weniger Calciumablagerungen, Nieren- und Gallensteine? Das hört sich vielleicht logisch an, ist aber in etwa so, als wenn man zur Vermeidung einer Reifenpanne ohne Reifen fährt.
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** Mineral + Oxalatsäure = Calciumoxalat, Magnesiumoxalat, Kaliumoxalat etc.
In den allermeisten Fällen nehmen wir mit der Ernährung nicht zuviel Calcium auf*, sondern zuwenig Magnesium.
- Von den 1-1,5kg Calcium, die in unserem Körper verteilt sind, befinden sich 99 % in den Knochen. Magnesium unterstützt den Einbau und ist auch für den Calcium-Stoffwechsel innerhalb der Knochen unerlässlich. Weniger Magnesium bedeutet daher überschüssiges Calcium in den Blutbahnen und damit eine größere Gefahr der Ablagerung.
- Im Darm und im Urin bindet Magnesium Oxalat**, das wir entweder mit der Ernährung aufnehmen oder vom Körper für Stoffwechselvorgänge aufgebaut wird. Nicht benötigtes Oxalat wird mit dem Urin ausgeschieden, verbindet sich aber gerne mit Mineralien. Calciumoxalat ist eine schwer lösliche, pulvrige Verbindung, die die Bildung von Nieren- und Blasensteinen und von Nierenverkalkung (Nephrocalcinose) begünstigt. Wesentlich günstiger für die Ausscheidung ist Magnesiumoxalat, da es um das 1000-fache löslicher ist.[160. Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie, „Zur Toxikologie der Oxalsäure und ihrer Salze“, Internet: http://www.chemieunterricht.de/dc2/os/os-tox.htm (Stand: 10.2014).] Außerdem sind Magnesium-Ionen in der Lage, die Calcium-Ionen aus dem festen Calciumoxalat-Gitter zu verdrängen. Auch auf diese Weise wird durch Magnesium die Oxalatausscheidung über die Nieren und den Harn gefördert.
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