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Wie kann man testen, ob man salzsensitiv ist?


1. Der Selbsttest
abstand

Wenn salzreiche Mahlzeiten das Wohlbefinden senken oder sogar Beschwerden auslösen, liegt das Problem auf der Hand. Leider spüren aber – zumindest am Anfang – die wenigsten eine Salzsensitivität an den direkten den Folgen.

Beim Selbsttest muss sich man sich die Mühe machen, dort zu messen, wo die deutlichsten physiologischen Auswirkungen auftreten: den Blutdruck und den Wasserhaushalt.

* Da sich Blut als Lagerstätte für überschüssiges oder auch lebensnotwendiges Salz nicht eignet, hat der Körper für Salz ein „Zwischenlager“ zur Verfügung gestellt. Dieses befindet sich in den Zwischenräumen von Muskel- und Hautzellen. Auch Salz in im Haut- und Muskelgewebe, wird aber regelmässig ausgeschieden. Laut Prof. Dr. Martin Middeke unterliegt dieser zweite Zyklus zur Ausscheidung von überschüssigem Salz, einem 7-Tage-Rhythmus, „sodass eine einmalige Messung irreführend sein kann“[1. Michael Simm, „Gefährlich auch bei normalem Blutdruck: Ist Salzsensitivität ein kardiovaskulärer Risikofaktor per se?“, Internet: http://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4905174 (Stand: 09.2016)]. Deshalb sollte man die Reduzierung von Salz auf einen längeren Zeitraum ausdehnen. 
Die Durchführung ist relativ einfach: Man reduziert den Kochsalzkonsum zwei Wochen* lang auf 3 bis 5 Gramm und misst regelmäßig den Blutdruck (bei Problempatienten am besten unter ärztlicher Anleitung). Selbst bei Menschen ohne Bluthochdruck sinkt er meist um 1-2 mmHg (systolisch und diastolisch). Salzempfindliche Hochdruckpatienten profitieren in wesentlich größerem Ausmaß.

 

 

Bei einer Senkung des mittleren Blutdrucks

  • um mehr als 10mmHg ist die Salzsensitivität stark ausgeprägt
  • um weniger als 10mmHg ist die Salzsensitivität weniger stark ausgeprägt
  • um weniger als 3mmHg ist man gering salzsensitiv bzw. salzresistent.

Ein weiteres Empfindlichkeitsmerkmal ist ein Auf und Ab des Blutdrucks (Jojo-Effekt), wenn sich kochsalzreiche und kochsalzarme Phasen abwechseln.

Auch die Trinkmenge kann sich verringer. Salz bindet Wasser und entzieht es dem Körper. Um die negativen Folgen zu verhindern wird man deshalb nach einer salzhaltigen Mahlzeit durstig. Ein geringeres Durstgefühl bzw. eine geringere Trinkmenge während der Salzdiät könnten daher ein Anzeichen sein, dass man empfindlich auf Salz reagiert. Allerdings trifft dies auch auf nicht Salzsensitive zu. Laut einer Studie des  St. Georges Hospital Medical School in London verringert sich die tägliche Trinkmenge bei einer Reduktion der Salzzufuhr von 10 auf 5 Gramm um 350 Milliliter[1. Feng J. et al.,  Effect of Salt Intake on Renal Excretion of Water in Humans, Hypertension, 2001, Vol 38, Iss 3, pp 317-320.]

Wichtig:

  • Nicht die Ernährung komplett umstellen. Essen Sie in etwa die gleiche Menge an Brot, Käse, Wurst, Fertiggerichten etc. – nur eben mit weniger Salz. Salzreduzierte Lebensmittel gibt es im Fachhandel oder durch die bewusste Auswahl im Supermarkt (die Salzmenge steht auf dem Etikett).
  • Die Selbstmessung des Blutdrucks ist zwar einfach, wird aber oft nicht korrekt ausgeführt (Bedienungsanleitung des Geräts genau lesen). Auch unterliegt der Blutdruck natürlichen Schwankungen. Messen Sie immer zur gleichen Zeit; messen Sie nicht unter Stress oder mit einer vollen Blase, vermeiden Sie eine Stunde vor der Messung blutdruckbeeinflussende Faktoren wie Nikotin, Kaffee, Sport, Alkohol …
  • Personen, deren Blutdruck unter 140/90mmHg liegt, zählen zur Gruppe der Normotoniker, das heißt, sie leiden nach dieser Definition nicht unter Bluthochdruck. Etwa 20 % der Normotoniker sind aber dennoch salzsensitiv und reagieren bei einer Salzreduktion mit einem geringen Blutdruckabfall. Dennoch besteht die Gefahr, dass sich daraus eine Hypertonie entwickelt.

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2. Therapeutische Tests

 

Es gibt für nur einen relativ günstigen Test der von jeder Arztpraxis oder einem Heilpraktiker durchgeführt werden kann (Stand 09.2016).

Dies ist der Salzbluttest SBT mini, der die vaskuläre Salzsensitivität anhand einer einfach durchzuführenden Blutprobe ermittelt.

Entwickelt wurde der Test unter der Leitung von Prof. Dr. med. Hans Oberleithner, am Institut für Physiologie II, Universität Münster (Deutschland).

Der Test baut auf folgenden Überlegungen auf:

Unser Blut-Transportsystem besteht aus Blutgefäßen und diese enden in den Kapillaren, deren Gefäßhohlraum nur noch höchsten 0,008 Millimetern beträgt. In den Kapillaren wird es selbst für die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) so eng, dass sie diese einzeln durchwandern müssen. Sie müssen sich dabei sogar verformen und regelrecht „durchquetschen“ und nur diese Flexibilität gewährleisten, dass sie ihrer Aufgabe – den Sauerstofftransport – nachkommen können.

Ein sehr wichtiger Mechanismus der dies unterstützt, ist eine Schleimhülle (Glykokalyx) 

mit der

• die Tunnelwand (Endothel) der Kapillaren,
• und die Erythrozyten

beschichtet sind, was den Durchtritt der Erythrozyten erleichtert.

Der Zusammenhang in Bezug auf eine mögliche Salzsensitivität ergibt sich aus deren elektrischer Ladung und der Pufferkapazität für Natriumionen:

  • Die Glykokalyx ist negativ geladenen, die Ladung der Natriumionen ist positiv.
  • Die Glykokalyx ist in der der Lage Natriumionen zu binden und vorübergehend zu puffern.
  • Die Pufferkapazität beträgt aber insgesamt nur etwa 1,7 Gramm Kochsalz, also eine relativ kleine Menge.
  • Flutet man den Körper mit zu viel Kochsalz, wird ein Teil der negativen Glykokalyx-Ladung durch die positiv geladenen Natriumionen neutralisiert.
  • Durch die Reduzierung der negativen Ladung verschlechtert sich die Kapillardurchlässigkeit.
  • Die erhöhten Reibungskräfte führen zu einem Abschilfern (shedding) der Glykokalyx.

Die zwei letzten Punkte ziehen auf Dauer eine Oberflächenschädigung der roten Blutkörperchen und des Gefäßendothels nach sich. Unter anderem kann dies einen Sauerstoffmangel in den Organen und Gefäßerkrankungen wie die Arteriosklerose, fördern.

Es gibt aber in diesem Zusammenhang noch einen weiteren negativen Aspekt:

  • Menschen, mit ausreichend hohen negative Ladungsteilchen, verfügen über eine gute Natriumspeicherfähigkeit. Dadurch schützt die Glykokalyx die Zellen und das Gewebe vor Kochsalzüberladung und der Blutdruck bleibt konstant.
  • Ein wichtiges Indiz für Salzsensitivität ist dagegen der Verlust von negativer Ladung in der Schleimschicht und die Pufferkapazität für Natriumionen ist je nach Grad der Sensitivität mehr oder weniger eingeschränkt.

Die Folgen beschreibt Prof. Dr. med. Hans Oberleithner folgendermassen:

zitat_b_100„Ein Salzüberangebot aus der Ernährung durch Fertigprodukte schädigt dabei allmählich diesen physiologisch wichtigen Oberflächenfilm der Blutgefäße, welcher als eine Art „Natriumpuffer“ dient. Dadurch dringt Natrium erleichtert aus der Blutbahn in das umliegende Gewebe ein und verweilt folgedessen länger im extrazellulären Raum, bevor es endgültig durch die Nieren entsorgt werden kann. Die daraus resultierenden unphysiologischen Natriumdepots führen vermutlich zu Endorganschäden.“

Quelle: Prof. Dr. med. Hans Oberleithner, Institut für Physiologie II, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, „Bluttest zur Quantifizierung der Salzsensitivität des Menschen“, Nephro Script 04|2014, S. 16.

Der Salzsensitivättest erfasst die individuelle Natriumsensitivität

Die Überlegung, die hinter diesem Test steckt, ist eigentlich relativ simpel: Wenn die Oberflächen der Kapillaren und Erythrozyten eine negative elektrische Oberflächenladung aufweisen, welche bei einer Salzsensitivität mehr oder weniger verloren geht (und damit auch die Natrium-Pufferkapazität), müsste man dies auch anhand eines Bluttest nachweisen können.

Dennoch dauerte es insgesamt 10 Jahre Forschungsarbeit, bis der Test auf einem soliden wissenschaftlichen Fundament stand und die Durchführung gleichzeitig einfach und preisgünstig war.

Gemessen wird Salzsensitivät anhand einer Blutprobe. Die Entnahme von 50 µL Kapillarblut erfolgt aus der Fingerspitze mittels einer Minivette. Von der Blutentnahme bis zur Probenaubereitung genügt ein Zeitaufwand von nur 5 Minuten.

Das Ergebnis, der sogenannte ESS-Wert (ESS = erythrozytäre Salzsensitivität), kann nach 60 Minuten abgelesen werden.

  • Ist der ermittelte Puffer für das aus der Nahrung freigesetzte Natrium hoch – also viele negative Ladungen an der Glykokalyx der roten Blutkörperchen – ist der ESS-Wert niedrig.
  • Umgekehrt zeigt ein hoher ESS-Wert, dass die negative elektrische Ladung zu gering ist um Natriumionen in ausreichendem Maße zu puffern.
  • Auch die individuelle Ausprägung der Salzsensitivität kann man ermitteln, denn diese ist abhängig von der Höhe ESS-Werts. Je höher dieser ist, desto empfindlicher reagiert die Testperson auf ein salzreiche Ernährung.


Darüber hinaus gibt es weitere Laboruntersuchungen, mit denen man eine bestehende Salzsensitivität mit hoher Wahrscheinlichkeit diagnostizieren kann.

  • Salz-Provokationstest zur Überprüfung der vaskuläre Salzsensitivität[3. Dr. rer. nat. Kristina Kusche-Vihrog
    Prof. Dr. med. Hans Oberleithner, „Ein neues Konzept zum Verständnis der vaskulären Salzsensitivität*“, Nephro-News, Ausgabe 5/12,  Internet: https://campus.uni-muenster.de/fileadmin/einrichtung/physiologie2/News/Artikel-NephroNews.pdf (Stand: 09.2016)]
  • Überprüfung der Nierenfunktion durch die Kontrolle der Kreatininwerte und des Verlusts von Eiweiß über den Urin (Proteinurie, Albuminurie)
  • Aldosteron- und Reninbestimmung
  • Anstieg des Plasma-Adiponektins unter Einfluss einer hohen Salzzufuhr. Gemäß einer neuen Studie stellte sich dieser bei Salzsensitiven nach einer Niedrigsalzphase (7 Tage lang 3 g NaCl/Tag) und anschließender hoher Salzzufuhr (7 Tage/18 g NaCl/Tag) ein.[2. Fuqiang Liu, Jianjun Mu, Zuyi Yuan, GuanjiWu, Enqi Liu, Shuhui Zheng, Qiufang Lian, Keyu Ren, Haixia Xu, „High salt intake fails to enhance plasma adiponectin in normotensive salt-sensitive subjects“, Nutrition. 2011 Dec 20. Internet: http://www.deepdyve.com/lp/elsevier/high-salt-intake-fails-to-enhance-plasma-adiponectin-in-normotensive-vR57Pby0jB (Stand: 10.2014).]
  • Kochsalzbelastungstest (Infusion einer 0,-9%igen NaCl-Lösung) in Verbindung mit Blutdruckmessungen* und/oder einer Diagnostik des primären Hyperparathyreoidismus
  • Veränderungen des Blutdrucks vor und nach einer mentalen Stressbelastung. Dazu bieten sich die Messung des systolischen Fingerblutdrucks und der Herzraten-Variabilität an.[3. Prof. Dr. Hans-Christian Deter, „Psychosomatische Therapieansätze zur Blutdrucksenkung und Stressminderung“, Internet: http://www.kompetenznetz-schlaganfall.de/fileadmin/download/Fortbildung_Oktober_2011/Deter_mitW.pdf (Stand: 10.2014).]

* Prof. Myron H. Weinberger überprüfte in einer Salzsensitivitäts-Studie die Auswirkungen, wenn sie Salz intravenös verarbreichte und danach den Blutdruck maß. Am darauffolgenden Tag erhielten die Teilnehmer ein Entwässerungsmittel und eine salzarme Diät. Fiel der Blutdruck dadurch um 10 mm/Hg oder mehr, wurde die Person als salzsensitiv klassifiziert.

In der Praxis werden solche Tests jedoch nicht oder erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium durchgeführt. Daher ist ein frühzeitiger Selbsttest oder der Salzbluttest SBT mini sehr empfehlenswert.

Copyright, Layout, Text, Grafik: Claus Barta

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