1. Die Entstehung von Salzlagerstätten

 


1.1   Aus Gesteinsmineralien entsteht Meersalz


abstandverwitterung_mineralienJedes Speisesalz hat seinen Ursprung an Land. Verwitterungsprozesse durch Wind, Regen, Kälte und Abrieb zerlegen Fels- und Gesteinsbrocken in immer kleinere Bruchstücke. Durch Flüsse gelangen die gelösten Mineralien in abflusslose Seen und Meere, wo sie sich je nach Höhe des Verdunstungsgrades mehr oder weniger anreichern.

Die großen Ozeane, Atlantik, Pazifik und Indischer Ozean, haben wie die Nordsee einen durchschnittlichen Salzgehalt (Salinität) von 3,5 %. Dies sind 33,3 Gramm Salz pro Liter, aus denen man etwa 3 Esslöffel Meersalz herstellen kann. Im Mittelmeer ist der Salzgehalt mit 3,8 % etwas höher.

Der Salzgehalt der Ostsee schwankt, durch die große Anzahl der Süßwasserzuflüsse und die geringe Verdunstung, zwischen ca. 1,5 % an der Küste Schleswig-Holsteins und 0,3 % bei Finnland.

Die salzreichsten Gewässer sind Salzseen wie das Tote Meer (30 %), der Assalsee in Ostafrika (35 %) und der arktische Don-Juan-See (40 %).

Analysiert man Meersalz, hat es unraffiniert einen Natriumchlorid-Gehalt von 94 bis 97 %. Der Rest besteht aus Wasser und all den anderen Salzverbindungen und Mineralien, die auch an Land vorkommen. Dies gilt auch für extrem seltene Edelmetalle. Proben aus dem Mittelmeer ergaben einen Goldgehalt von 0,4 mg/m3. Man kann Natursalz deshalb durchaus als einen Schatz bezeichnen, auch wenn diese Elemente nur in winzigen Spuren enthalten sind.


1.2   Aus Meersalz entsteht Steinsalz


Steinsalz entstand in Europa im Tertiär, im Perm und im Trias[1. Michael Gienger, Gisela Glaser, Salz. Nahrungsmittel, Heilmittel oder Gift?, Neue Erde (2003), S. 8.]  durch die Austrocknung von vorzeitlichen Meeren.
abstand

Geologische Bezeichnung

vor ca. Mio. Jahren

Verbreitung (geogr.
Bezeichnung)

Zechstein

250

England, Norddeutsche
Tiefebene

Oberes Perm

245

Österreich und Bayern
(Hallein bis Altaussee)

Röt (Buntsandstein)

240

Norddeutschland, Holland

Mittlerer Muschelkalk

235

Lothringen, Schweiz und
franz. Jura, Süddeutschland

Gipskeuper

225

England, Lothringen,
Schweiz und franz. Jura

Oberer Jura

150

Norddeutschland

Tertiär

40

Rheingraben, Karpaten

Quelle: „Salz in Europa“, Schweizer Rheinsalinen AG, www.saline.ch

Durch sandige Meeresablagerungen, organische Reste marinen Lebens (z. B. Muschelkalk, versteinerte Korallen), Staubwinde, sand-, kies- und schotterreichen Geschiebemergel*, Erosions- und Flusseinträge oder tektonische Einflüsse wurden die offenen Salzflächen von wasserundurchlässigen Schichten überlagert. Dies bewahrte das Salz über Millionen von Jahren vor der Auflösung.

* Geschiebemergel entsteht durch Schuttmassen, die durch das Gletschereis mitgeführt und abgelagert werden.


Abb.: Bildung von Salzlagerstätten aus Randmeerbecken; nach der 1877 aufgestellten
Barrentheorie von Carl Ochsenius (1830−1906).

Barrentheorie


Einen weiteren Erklärungsansatz bietet die Großfluten-Theorie von Martin Wilhelm (1933), die darauf fußt, dass der Mond zu dieser Zeit einen größeren Einfluss auf die Gezeiten hatte als heute. Dadurch gab es höhere und weiterreichende Überflutungen. Es entstanden mit Salz angereicherte Wattgebiete, und höhergelegene Senken und Täler konnten sich mit salzhaltigem Wasser füllen, wodurch sich riesige Salzlagunen und Salzseen bildeten.[2. Othmar Schauberger, „Bau und Bildung der Salzlagerstätten des ostalpinen Salinars“, Wien 08.1987, S. 220, Internet: http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/ArchivLagerst-GBA_7_0217-0254.pdf (Stand: 11.2014).]Johannes Walther hält dagegen die Wüstentheorie (um 1900) für am wahrscheinlichsten, bei der die Salzlager durch die kontinentale Bildung von Wüstengebieten entstanden sind.[3. Johannes Walther, „Das Gesetz der Wüstenbildung in Gegenwart und Vorzeit“, Mitteilungen der Kaiserlich-Königlichen Geographischen Gesellschaft, R. Lechner Verlag (1901), S. 86.]


1.3   Durch dynamische Prozesse im Erdinnern entstehen Salzstöcke


Druck und die gegenseitigen Anziehungskräfte von Natrium und Chlorid backen Salz zwar steinartig bis körnig zusammen, dennoch ist es durch den enormen Druck, der im Erdinneren herrschen kann, leicht verformbar. Bildet sich durch Risse oder Spalten ein Hohlraum, werden die ursprünglich horizontalen Salzlager nach oben gepresst, sodass das Salz sogar die Erdoberfläche erreichen kann. Über den meisten Lagerstätten befindet sich jedoch ein viele hundert bis mehrere tausend Meter starkes Deckgebirge.

Mögliche zeitliche Entwicklung eines Salzstockes durch den Salzaufstieg

Entwicklung_Salzstock

Je nach Form und Aufwölbung nennt man die Lagerstätten Salzkissen, Salzmauern, Salzdome oder Salzstöcke.

Einflussfaktoren, die auf die Reinheit, Mineralienzusammensetzung und die Struktur des Salzes einen Einfluss haben:

  • die Größe der vorgelagerten Erhebung (Schwelle, Barre), mit der das Salzwasser vom Meer getrennt wurde
  • schnelle oder langsame Wasserverdunstung
  • die Häufigkeit der Überflutungs- und Trocknungsphasen
  • welche und wie schnell Naturmaterialien das Salz überlagert haben
  • die Höhe und die Art des Drucks, der auf die Salzlagerstätten eingewirkt hat

Abb.: Unterirdische Salzabbaustätte aus der Mogulzeit (1524 bis 1752) 

salzmine_mogulzeit

Nach oben!

2. Die Geschichte des Salzabbausabstand


 2.1     Etappen und Eckpunkte der Salzgewinnung – ein Überblick


platzhalter_21. Gewinnung durch Verdunstung von Meerwasser

Dies ist die ursprünglichste Form der Salzproduktion, und sie ist am ehesten mit einer landwirtschaftlichen Gewinnung vergleichbar. Voraussetzungen waren gute klimatische und geologische Bedingungen mit viel Sonne und flachen Randzonen. Das mit viel Handarbeit verbundene Anlegen und Pflegen der Verdunstungsbecken sowie die schweißtreibende Ernte steht für die Berufsbezeichnung „Salzbauer“.

2. Der bergmännische Trockenabbau

In oberflächennahen Salzlagern oder in Salzbergen wurden Salzbrocken von Hand mit Hackwerkzeugen herausgeschlagen. Dies war aber nicht nur sehr mühsam, sondern zu damaliger Zeit auch wenig ergiebig.

3. Die Nutzung von Salzquellen

Trifft unterirdisches Tiefen- oder Versickerungswasser auf eine Steinsalzschicht, führt dies zu einer Auflösung der Salzlager; dort, wo die geologischen Bedingungen günstig sind, können Solequellen durch den sogenannten artesischen Druck bis an die Erdoberfläche aufsteigen. Das salzhaltige Wasser wurde in Tongefäße und später in Siedepfannen geleitet und so lange auf Holzfeuern erhitzt, bis das Salz nur noch feucht war. In Körben erfolgte dann die Endtrocknung.

Auf den ersten Blick ist die Nutzung von Salzquellen das einfachste Verfahren zur Salzgewinnung. Allerdings scheitert es in den meisten Fällen an der sehr geringen Salzkonzentration, sodass der Trocknungs- und damit Kostenaufwand in einem sehr schlechten Verhältnis zum Ertrag steht. Wo es sich allerdings lohnte, wurden oberirdische Salzquellen intensiv genutzt. Versiegte die Quelle, wurde ein Brunnen gegraben, den man überdachte, um die Sole vor der Verdünnung durch Regenwasser zu schützen. Als nächster Schritt wurden die Brunnen durch Bohrtürme ersetzt. Je nach Stand der Technik wuchs die Bohrtiefe, und bereits Mitte des 19. Jahrhunderts konnte die Sole aus mehreren hundert Metern Tiefe nach oben gefördert werden.

4. Der bergmännische Nassabbau

Nachdem man entdeckt hatte, dass in gewissen Gegenden die Erde nur so von Salz strotzt, musste man sich noch ein geeignetes und wenig arbeitsaufwendiges Abbauverfahren ausdenken. Die Lösung waren natürliche oder künstlich in den Berg geschlagene Hohlräume. Diese wurden mit Wasser aus einem nahem Bach oder Fluss gefüllt, wodurch sich die zusammengebackenen Salzkristalle auflösten. Nach zwei bis drei Wochen konnte man die gesättigte Sole abschöpfen, mit Wasserrädern abpumpen oder mit Rohrleitungen zur Salzsiederei befördern.


2.2   10.0000 – 6.000 v. Chr.


abstandAller Wahrscheinlichkeit nach enthielt der Speiseplan von Jägern und Sammlern noch kein selbst hergestelltes Salz. Der Salzbedarf von 1-2 Gramm pro Tag konnte mit Fleisch, in manchen Kulturen durch das Trinken von Tierblut und durch salzhaltige Wildkräuter und ‑gräser gedeckt werden. Mit der einsetzenden Periode der Sesshaftigkeit und der Spezialisierung auf Landwirtschaft und Viehzucht vor etwa 10-12.000 Jahren änderte sich das.

Dafür gab es zwei Gründe:

  • Salz half, verderbliche Speisen zu konservieren. Dies erleichterte es, die damals stark anwachsende Bevölkerung zu ernähren und vereinfachte den Lebensmittelhandel.
  • * Auf Flächen zwischen Meer bzw. Salzseen und Festland und in der Nähe von Salzquellen ist der Salzgehalt der Böden höher, und es wachsen Salzpflanzen (Halophyten), die sich an den höheren Salzgehalt ihrer Umgebung angepasst haben.
    Der Umstieg auf einen höheren Anteil an pflanzlicher Nahrung verringerte die tägliche Natriumaufnahme und erhöhte gleichzeitig die Kaliumzufuhr. Daraus kann ein Ungleichgewicht entstehen, das intuitiv durch eine höhere Salzaufnahme ausgeglichen wurde.

Hilfreich dabei waren sicherlich auch Naturbeobachtungen wie in Salzwasser konservierte Fische am Strand oder Tiere in freier Wildbahn, die ihren Bedarf über salzhaltiges Wasser, mit Meerwasser überflutete Erd-, Watt- und Torfflächen, Salzwiesen* oder durch Lecken an salzhaltigem Gestein deckten. Wo kein Salz zur Verfügung stand oder es sich die Bevölkerung nicht leisten konnte, wurden Salzbestandteile aus Pflanzenasche gewonnen oder Tierblut und sogar Tierurin genutzt.

Die frühesten Produktionsstätten, in denen man Salz in größerem Stil gewann, fanden Archäologen in der chinesischen Provinz Shanxi am Salzsee Yuncheng[4. Mark Kurlansky, Salt. A World History, Penguin Books (2003).] und im rumänischen Poiana Slatinei-Lunca[5. Olivier Weller, Gheorghe Dumitroaia, „The earliest salt production in the world: an early Neolithic exploitation in Poiana Slatinei-Lunca, Romania”, Antiquity Vol. 79, No, 306, December 2005. Internet: http://www.antiquity.ac.uk/projgall/weller/ (Stand: 11.2014).] . Sie werden auf ca. 6000 v. Chr. datiert.

Die ältesten bekannten gesalzenen Fleisch- und Fischerzeugnisse gehen auf die Sumerer zurück (ca. 4000-2900 v. Chr.). Die Ägypter, die vom Nil und seiner fruchtbaren Schlammschwemme abhängig waren, nutzten Salz für magere Jahre, indem sie Fisch, Fleisch und Geflügel damit konservierten.

Schnell erkannten sie, dass diese Methode auch den Fernhandel mit Lebensmitteln ermöglichte und boten den Nachbarländern und Mittelmeeranrainern mit Salz konservierte Produkte an.[6. Marko Martin, „Was die Welt bewegt“, mare online, Internet: http://www.mare.de/index.php?article_id=1078&setCookie=1 (Stand: 11.2014).]Einen professionellen Salzhandel betrieben auch die Maya. Forscher entdeckten allein in der Punta-Ycacos-Lagune nicht weniger als 45 Salzwerkstätten, die die Bevölkerung im Innern der Halbinsel Yucatan versorgten. Die Entstehung bzw. Nutzung wird auf den Zeitraum zwischen 300 bis 900 n. Chr. datiert.


2.3   Salzabbau in Europa (6.000 v. Chr. – 500 n. Chr.)



Für die Art der Salzgewinnung spielt das Klima eine entscheidende Rolle. In südlichen Ländern wurden bereits in der Antike durch die Thraker, Griechen und Römer größere Mengen Salz durch Sonnenverdunstung gewonnen. In kälteren Regionen Europas ist dies nicht möglich. Daher war man zunächst auf oberirdische Salzquellen und das Schürfen von Salz angewiesen. Es gibt Hinweise, dass bereits in der Jungsteinzeit (5500-2000 v. Chr.) in Cardona (Spanien, Provinz Barcelona) und in Hallstatt (Österreich, Salzkammergut) Salz bergmännisch abgebaut wurde.

In Hallstadt kamen zunächst Hirschgeweihe und um 1400 v. Chr. Bronzepickel zum Einsatz. Vermutlich im 7. Jahrhundert v. Chr. übernahmen die Kelten den Salzabbau. Sie profitierten ab dem 9. Jahrhundert vom Einsatz von Eisenwerkzeugen, was den Trockenabbau wesentlich beschleunigte. Bis zu 300 Meter tiefe Schächte trieben die Kelten in den Berg hinein. Das gesamte Stollensystem hat eine Gesamtlänge von 3750 Metern –für damalige Verhältnisse eine ungeheure Arbeitsleistung. Um 400 v. Chr.s wurde die Produktion durch einen Erdrutsch jäh gestoppt.[7. Planet Wissen Online, „Salz“, Internet: http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/essen/salz/index.jsp (Stand: 11.2014).]Anzeichen für die Nassgewinnung (Nutzung von mit Wasser ausgelaugten Salzschichten) und die damit verbundene Salzsiedetechnik findet man ab dem sechsten Jahrtausend v. Chr. in Mittel- und Osteuropa.[8. Olivier Weller, „Aux origines de la production du sel en Europe“, Archéologie du sel: Techniques et sociétés dans la Pré-et Protohistoire européenne, 2002: 163-175. Internet: http://www.academia.edu/3312203/Aux_origines_de_lexploitation_du_sel_en_Europe._Vestiges_fonctions_et_enjeux_arch%C3%A9ologiques (Stand: 11.2014).] Das Restwasser wurde in tönernen Gefäßen („Briquetage“-Technik* durch Holzbefeuerung entfernt. Es gab auch Briquetage in Kelchform, die auf Tonröhren im Feuer standen. Ein Nachbau des Landesmuseums Natur und Mensch in Oldenburg erbrachte bei einer Temperatur von etwas mehr als 100 Grad Celsius und einer Siedezeit von zehn bis zwölf Stunden eine Ausbeute von 325 Gramm festem Salzkuchen pro Tiegel.[9. Prof. Dr. Mamoun Fansa, „Wie baute man ein Haus vor 6.000 Jahren?“, Internet: http://www.monumente-online.de/06/06/leitartikel/03_experimentelle_archaeologie.php (Stand: 11.2014).]*Brique = französisch für Ziegel

Briquetage

Abb.: Briquetage-Salzgewinnung durch Befeuerung in einer Erdgrube

Eine weitere wichtige Station in der Salzgeschichte war die Ausdehnung des römischen Weltreichs über die Alpen und die Vertreibung der Kelten. Die Römer übernahmen um Christi Geburt bis ins 1. Jahrhundert wichtige Salinen und Handelstätten im Salzkammergut, Bayern und im Schwäbischen wie Salzburg, Bad Reichenhall, Schwäbisch Hall und Sulz am Neckar.

Damit schufen sie die Voraussetzungen für den mitteleuropäischen Handel aus römischen Meerwassersalinen. Ob und in welchem Umfang die Siedebetriebe in den besetzten Gebieten weitergeführt wurden ist nicht gesichert.

Durch Fernhandelswege wurde der Handel ausgedehnt

* Die Salzgewinnung in Lüneburg führte zur Heide-Landschaft, da die Salzsieder zur Befeuerung der Salzpfannen die umliegenden Wälder abholzten. Auch die meisten anderen Salinen hatten ein „Holzproblem“. So waren in Bad Reichenhall die Holzbestände bereits um 1600 so gering, dass man eine Leitung (Sole-Pipeline) bauen musste, mit der man die Sole über Inzell nach Traunstein pumpte (Quelle: Salzburg.com). Gelöst wurde dieses Problem erst durch den Einsatz von Kohle zum Anheizen der Pfannen.
Ein Großteil der römischen Handelswege waren Salzstraßen. Es gab eine Verbindung von Bad Reichenhall nach Adelstetten und Salzburg bis Augsburg. Die Via Salaria verband Nord- und Mittelitalien, die „Alte Salzstraße“ Lüneburg* und Lübeck, der „goldene Steig“ führte von Passau nach Böhmen, die „Route du Sel“ durchquerte das Royatal (Frankreich) und reichte bis nach Norditalien, die „Untere Tiroler Salzstraße“ verband Berchtesgaden und Hall in Tirol mit dem Bodensee. Der Salzhandel beschränkte sich aber nicht nur auf Europa; beliefert wurden auch Asien, Persien und Arabien.

 

 

 

 

Viele Städte und Gegenden verdanken ihren Namen der Salzproduktion oder dem Salzhandel

Hall / Hal (Salz, trocknen) oder Halla (Stätte der Salzbereitung) findet man in den Namen von Hallstadt, Hallein, Hall in Tirol, Bad Reichenhall, Bad Hall, Luisenhall, Halle, Niedernhall oder Schwäbisch Hall.

Auch die lateinischen Bezeichnungen salinus (zum Salz gehörend), sal (Salz), sulcia (Salzwasser), salinum (Salzfässchen), salax (salzig), cum grano salis (mit einem Korn Salz) stecken in Salzburg, Salzgitter, Bad Salzuflen, Bad Sülze, Sulzbach, Bad Salzungen, Sulz am Neckar, Salzhemmendorf, Saalburg, Salmünster, Solingen, Sulingen, Suhl, Salzbergen, Salzwedel, Salzdetfurth, Salzungen, Salzelmen, Salzhemmendorf, Neusalz, Salzlandkreis, Salzkammergut und in den Flussnamen Saale, Salze und Salzach.

bronzepickel_salzDie Abbildung , zeigt einen original Bronzepickel aus den prähistorischen Bergwerken von Hallstatt (Quelle: Wikimedia, aus A. Kern et. al, Salz-Reich. 7000 Jahre Hallstatt, VPA 2 (Wien, 2008) Seite 36, Abbildung 2.

 

 

 

 


2.4   Die Salzproduktion im Mittelalter (6. bis 17. Jahrhundert)


abstandDer Abzug der Römer und damit die Befreiung vom römischen Salzhandelsmonopol zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert, waren mit einem großen Aufschwung der Salzproduktion im deutschsprachigen Raum verbunden. Ein Zentrum im Süden war Bad Reichenhall. Belegt ist dies u. a. durch eine Schenkung von 20 städtischen Salzsieden im 8. Jahrhundert an das Erzstift St. Peter. Lüneburger Salinen, einst ein wichtiger Handelsplatz im Norden, wurden erstmals im Jahre 956 urkundlich erwähnt. Mit der Verdopplung der Bevölkerungszahl zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert in Europa wurde Salz eines der wichtigsten Handelsgüter und zunehmend zum Spekulationsobjekt und Politikum.

In vielen Städten entstanden neue Salzsieden, und dort, wo es möglich war, wurde Salz mit Schiffen transportiert. Es gab zu damaliger Zeit sogar Werften, die sich auf den Bau von Salzschiffen (Hallaschen) spezialisierten. Im Vergleich zu Pferdefuhrwagen waren Schiffe schneller, und das Ladevolumen war mit 7-8 Tonnen etwa um das Achtfache höher. Allein Hallein bei Salzburg transportierte 2500 Schiffsladungen jährlich den Inn aufwärts. Zum Schutz vor räuberischen Überfällen gründete der Erzbischof Friedrich II. von Walchen 1278 die erste Schiffermiliz (Schiffergarde).

Für Lüneburgs Salzhändler, die zur damaligen Zeit ein Salzmonopol* für die Belieferung von Norddeutschland und die Ostseeanrainer hatten, wurde 1398 der erste Wasserscheidenkanal Europas gebaut, der Stecknitz-Kanal.

Das Salzmonopol der Stadt Lüneburg dauerte vom 12. bis über das 15. Jahrhundert hinaus. Solche Regularien, in diesem Fall das Salzregal, wurden bis ins 19. Jahrhundert vom König oder dem Landesherrscher gegen festgelegte Abgaben vergeben. Das Salzmonopol konnte neben dem Produktionsrecht auch einen Gebietsschutz zum Salzhandel beinhalten.


Abb: Salzorte und Salzstraßen in Europa um 1500

 

 

Quelle: Heimatverein Mortelgrund – Alte Salzstraße e.V., externer Bildlink von der Internetseite:
http://www.alte-salzstrasse.de/index.php?id=198&L=2

 

Auch die Salzgewinnungstechnik wurde weiter verbessert

Ab dem 7. Jahrhundert wurden zunehmend Ton- und Ziegelsiedebehälter durch Blei- und im Hochmittelalter durch Eisenpfannen ersetzt. Eine typische Größe aus der Spätphase hatte eine Länge von 2-4 Metern, eine Breite von 1-2 Metern und eine Tiefe von 20-50 Zentimetern[10. Bernhard Peter, „Besondere Motive: Salzpfanne und Salzhaken“, http://www.dr-bernhard-peter.de/Heraldik/saline.htm (Stand: 11.2014).]. Eine weitere Innovation war der Ersatz des Schöpfgalgens, des Laufrads und der Sodrute, die mit Muskelkraft oder einem Wasserrad bedient werden mussten. Dadurch konnte man die Sole auch aus tieferen Erdschichten gewinnen. Beides führte zu einem sprunghaften Anstieg der Salzausbeute.[11. Janine Fries-Knoblauch, Gerätschaften, Verfahren und Bedeutung der eisenzeitlichen Salzsiederei in Mittel- und Nordwesteuropa, Leipzig (2001), S. 22.]Eine wenig appetitliches Detail des Siedevorgangs findet man in Pierers Universal-Lexikon von 1862:

zitat_b_50Beim Sieden (Herdstellen) wird die in die Pfanne gebrachte Soole Anfangs schnell gekocht, damit sie durch Schäumen die Unreinigkeit auswerfe; dieser Schaum, welcher erdharzige u. extractive Theile enthält, wird durch hinzugegossenes Rindsblut (Farbe) befördert u. mit einer Kelle abgenommen.

Weitere „Reinigungsmittel“, die man im Mittelalter benutzte, waren Eier, Harz, Ruß und Butter.[12. Oliver Jäger, Die Bedeutung der Salinen im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Die kleinen Salinen Teuditz und Kötzschau als Anschauungsbeispiel, Grin Verlag (2011), S. 5.]

Abb.: Salzproduktion in der Saline Halle (nach einem Stich um 1670)

Salzproduktion_Saline_Halle_2

Quelle: Friedrich Honndorffen, Das Salz-Werck zu Halle in Sachsen befindlich, Halle (1670)

Was den Handel zur damaligen Zeit erschwerte, waren unterschiedliche Sole- und Gewichtssalzmaße (sogar innerhalb Deutschlands).

In den Salzwerken von Halle in Sachsen war

  • 1 Zuber Salzsohle = 8 Eimer= 480 Quart
  • 5 Zuber = 1 Pfanne
  • 60 Zuber = 1 Quart
  • 240 Zuber = 1 Stuhl

Quelle: Wikipedia, Stichwort „Salzmaß“

Durch eine Erfindung im 16. Jahrhundert war man erstmals in der Lage, den Verbrauch von Holz zu reduzieren, sodass auch Solequellen mit geringem Salzgehalt wirtschaftlich genutzt werden konnten. Die Salinen bauten dazu Leckwerke und später Grenadierwerke aus einem Holzgerüst mit meterhohen Wänden.

Eine Darstellung von 1657 beschreibt die Leckwerk-Technik:

zitat_b_50Der Betrieb war ein höchst mangelhafter. Die Soole wird durch Menschenhände in die untersten Kästen des Leckwerks gepumpt, durch Menschenhände werden die in das Leckwerk gehängten Strohmatten begossen und die Soole gelangt – gewiß wenig gradirt – in die so sehr kleinen Pfannen des Siedehauses, die auf jedes Siedewerk etwa 2 bis 3 Tonnen Salz pr. 6 Scheffel ausgeben, wobei die Soole 24 Stunden in fortwährendem Kochen erhalten und dabei 2 Faden Tannen = oder Ellernholz von 8, 8 u. 4 Fuß verbrannt werden. Das Product wird aber sehr gerühmt und nach einstimmigem Urtheile aller fürstlichen Küchenbediente für besser als das lüneburgische Salz erklärt.[13. Johann Virck, „Neuere Geschichte der Saline zu Conow“, Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 11 (1846), S. 144. Internet: http://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvdok_document_00000784 (Stand: 11.2014).]

Auch Gradierwerke wurden zunächst mit Stroh befüllt, das aber ab dem 18. Jahrhundert durch das wesentlich haltbarere Dornengestrüpp (Dorngradierung) ersetzt wurde. Als Materialien dienten Tausende Zweigebündel von Birken, Wachholder, Heidekraut, Weiß- oder Schwarzdorn.

gradierwerk_2

Bild: Von CTHOE – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11223093

Wind-, Wasser- oder Dampfkraft pumpte die Sole hoch, die man an der Rieselfläche durchsickern ließ. Das langsame Abtröpfeln, in Verbindung mit Wind und Sonnenwärme, erhöhte mit jedem Pumpvorgang den Salzgehalt, und als positiver Nebeneffekt wurde die Sole von Gips, Kalk und anderen Fremdsalzen gereinigt.

Mit einem Stroh-Leckwerk konnte zu damaliger Zeit eine etwa 1%-ige Sole auf über 10 % gesteigert werden. Gut ausgelegte Gradierwerke erbrachten einen Anstieg auf 21-25 %. Eine höhere Konzentration wäre zwar auch möglich gewesen, aber wenig sinnvoll, da sich ein Teil des Salzes im Dornengestrüpp abgesetzt hätte.

Imposant waren die Ausmaße: Das Dorngradierwerk der Saline Bruchsal (Baubeginn 1752) hatte eine Länge von 2.450 Metern. Heute gibt es in vielen ehemaligen Salinenstädten Gradierwerke, die als „Freiluft-Inhalatoren“ zur Behandlung von Atemwegserkrankungen eingesetzt werden.

Nach oben!


2.5   Der vorindustrielle Salzabbau (18.-20. Jahrhundert)


Beflügelt wurde die Produktion durch neue industrielle Verwertungsmöglichkeiten im 19. Jahrhundert. Mit der Ausweitung der Salzproduktion wurden auch die Siedehäuser und die Siedepfannen immer größer. 1794 wurden z. B. für die Siedehäuser Heinitz und Bückling 13 Siedepfannen gebaut. Diese waren 26 Fuß lang, 26 Fuß breit und 1½ Fuß tief.[14. Die Königliche Saline zu Schönebeck – Entwicklung und gegenwärtige Verhältnisse, vermutlich in: „Das Königliche Solbad zu Elmen“, Festschrift zur Hundertjahresfeier seines Bestehens. 1802-1902.] Die Siedepfanne der Saline „Hallesche Pfännerschaft“ aus dem Jahre 1870 hatte eine Größe von 60 m². Mit ihr konnte man pro Siedegang 2,5 Tonnen und jährlich 100 Tonnen Salz produzieren.[15. Information des Technischen Halloren- und Salinemuseums in Halle (Saale)] Befeuert wurden diese Pfannen nicht mehr mit dem knappen Holz, sondern mit Kohle.

Abb.: Arbeiter beim Zusammenschieben des Salzbreies in einer Siedepfanne

Salzbrei_Siedepfanne_2

Quelle: National Trust For The Colourful Coast Partners[16. National Trust For The Colourful Coast Partners, „Salt pans at saltom“, Internet: http://www.whitehavencoast.co.uk/saltom/submarine_city/articles/salt (Stand 11.2014).]

Die Möglichkeiten, Salzquellen durch Bohrungen in der Tiefe anzuzapfen, stiegen im 19. Jahrhundert stark an und der Einsatz von Dampfmaschinen ermöglichte das Hochpumpen.  Die tiefste Erdbohrung in Klein Nordende (Kreis Pinneberg) wurde 1878 abgeschlossen und hatte eine Tiefe von 1338 Metern.

Bei solchen Bohrungen wurden zum Teil auch Erdöl- und Erdgasvorkommen entdeckt, die sich über den Aufpressungen gebildet hatten.

Ein weiteres Phänomen ist Knistersalz. Es entsteht durch Methan- und CO2-Einschlüsse, die beim Erwärmen oder bei der Auflösung der Salzkristalle im Wasser freigesetzt werden und dabei knistern. Gefördert wurde ein solches Salz im polnischen Salzbergwerk Wieliczka bei Krakau.

Was die eigentliche Herstellung von Speisesalz betrifft, sind auch die Siedepfannen ein Relikt der Vergangenheit. In Europa produziert lediglich noch die Saline Luisenhall in Grone auf traditionelle Weise. Alle anderen Salzproduzenten investierten in die wesentlich rentableren mehrstufigen Verdampfer- oder Thermokompressionsverfahren. Durch neue Abbautechniken gewann auch der trockene Abbau immer mehr an Bedeutung. Salinenbetriebe, die die Investitionen nicht stemmen konnten, schlossen entweder oder wurden von Großbetrieben aufgekauft. In Deutschland sind heute nur noch fünf Unternehmen in der Salzgewinnung tätig.


2.6   Übersicht: Salzherstellung in den verschiedenen Epochen


abstandzeitstrahl_salz_altertum_bis_heute_3

abstand

3.  Gesalzene Preise: als Salz noch einen Wert hatte

Saliera_Salzstreuer_aus_Gold_2

Bild: Benvenuto Cellini, CC BY 3.0, heruntergeladen bei Wikimedia

Abb.: Salzfass, sog. „Saliera“, hergestellt 1540-1543 in Paris. Gold, teilweise emailliert; Sockel: Ebenholz.

Salz

  • verbessert den Geschmack von Speisen und macht sie länger haltbar,
  • ist zusammen mit Brot eine der Urspeisen
  • bewahrt das Meerwasser vor dem Einfrieren,
  • wird in der Medizin genutzt,
  • vereinigt mit dem Laugen- und Säurenanteil Gegensätze,
  • wird in vielen Religionen verehrt und galt im antiken Rom und Griechenland als „Geschenk der Götter“,
  • ist ein Mittel um Grund und Boden zu weihen,
  • steht für Gastfreundschaft, dauerhafte Freundschaften und Ehen,
  • wirkt laut Volksberichten bei sexuellen Problemen lustfördernd,
  • wird bei den Sumo-Ringern auf den Boden gestreut um den Boden zu reinigen und um Schutz zu bitten
  • wurde für Teufelsaustreibungen verwendet,
  • ist „weißes Gold“ und steht es symbolisch für Reichtum und Reinheit.


Auch die folgenden Zitate bezeugen, welchen Stellenwert Salz über Jahrtausende hatte:

Ihr seid das Salz des Lebens.

Jesus von Nazareth in der Bergpredigt (Matthäus 5,13-16)

Jedes Speiseopfer sollst du salzen und deinem Speiseopfer sollst du das Salz des Bundes deines Gottes nicht fehlen lassen; jede deiner Opfergaben sollst du mit Salz darbringen.

Altes Testament, Levitikus 2,13

Es muß etwas ungewöhnlich Heiliges im Salz sein: man findet es in unseren Tränen und im Meer.

Khalil Gibran (1883-1931)

Als Embryo lebt jeder von uns in einem fantastischen kleinen Ozean namens Fruchtwasser. Und im Blut ist die Konzentration von Salz und anderen Mineralien ganz ähnlich wie im Meerwasser. Das Blut ist womöglich eine letzte (flüssige) Erinnerung an unsere Abstammung aus den Urozeanen der Erdgeschichte.

3Sat, „Der Sprung an Land“, Wissenaktuell (01.2011)

Diese Ehrerbietung war auch mit einem florierenden nationalen und internationalen Fernhandel verbunden. Dennoch war Salz eines der teuersten Handelsgüter. Das lateinische Wort für Salz ist „Salrium” und bedeutet, dass der Lohn (Salär) zum Teil mit Salz bezahlt wurde. Dementsprechend stammt auch der Begriff Soldat von „sale dare“, also „Salz geben“, ab. Die römischen Legionen wussten, dass man mit gesalzenen und damit haltbaren Lebensmitteln lang andauernde Feldzüge wesentlich einfacher organisieren konnte.

Ob das „weiße Gold“ aber tatsächlich so wertvoll war, dass es teilweise eins zu eins mit Gold aufgewogen wurde, ist nicht belegt. Allerdings war es in vielen Ländern als Zahlungsmittel akzep­tiert, da man es mit hohem Gewinn weiterverkaufen konnte. Salzbarren (Amole) ersetzten in Äthiopien und Eritrea sogar das Münzgeld, und bis zum heutigen Tag ist es ein akzeptiertes Tauschmittel auf den dortigen Handelsmärkten. Wie Marco Polo berichtete, gab es in China sogar gehärtete Salzgeldstücke, die mit dem kaiserlichen Stempel versehen waren.[17. Adolf Weber, Geld, Banken, Börsen, R. Pflaum (1951).]Zahlreiche Hinweise gibt es auch dafür, dass Salz für die Fruchtbarkeit und sexuelle Erregung unverzichtbar war. In der Schrift des Psychoanalytikers Ernest Jones, Die Bedeutung des Salzes in Sitte und Brauch der Völker, die er 1912 publizierte, wird vermutet, dass die hohe Nachkommenzahl der im Meer lebenden Fische zu dieser Annahme führte. So entstand der Glaube, dass man mit Salz, der für den Samen des Mannes stand, die sexuelle Lust regelrecht steuern könnte. Wer enthaltsam leben wollte oder musste, für den war Salz tabu. Um die Lust zu steigern (salacious = lüstern) oder die Potenz wiederherzustellen, der profitierte von mehr Salz.

Die untere Abbildung zeigt einen französischen Holzschnitt von 1577. Der Kommentar besagt, dass Frauen Männer in einem Salzfass von vorne und hinten salzen, sodass sie danach wieder voll Saft und Kraft sind.

Salzfass_Potenz_2

Quelle: Gemeindemuseum Absam

Diese weltweite Wertschätzung weckte aber auch beträchtliche Begehrlichkeiten. Wer über Salz verfügen konnte, hatte Macht, Geld, ständig sprudelnde Steuereinnahmen und haltbare Lebensmittel zum Führen von Kriegen. Es gab deshalb Salzproduktionsmonopole, Salzhandelsmonopole, Salzmarktrechte, Salzhandelsgesetze, Salzsteuern, Maut auf Salzstraßen, Salzschiffe und Wehr- und Befestigungsanlagen um Salinen sowie Salzschmuggler.

zitat_b_50Unter Ludwig XIV. brachte der bloße Salzschmuggel jährlich 3700 Beschlagnahmen, 2000 Arreßtazionen von Männern, 1800 von Frauen, 6600 von Kindern, 1100 Wegnahmen von Pferden, 50 Konfistazionen Wagen, 300 Verurteilung zur Galeere.

Pierre-Joseph Proudhon (1847)

Unter König Friedrich II. von Preußen (1712-1786) kostete die Herstellung von Salz 16 Taler. Durch das Staatsmonopol verteuerte es sich für die Bevölkerung auf 68-70 Taler.[18. Onno Klopp, König Friedrich II. von Preußen und seine Politik, Verlag der Dr. Huter´schen Buchhandlung (1847), S. 360.]

Man brauchte aber auch Abnehmer, und auch dies wurde gesetzlich geregelt:*

  • Salz durfte nur aus königlichen Salzsiedereien bezogen werden; Zuwiderhandlungen wurden streng bestraft
  • jeder Mensch über 9 Jahren musste 4 Metzen Salz jährlich verzehren + ½ Metze für die Fleischkonservierung dazukaufen
  • die milchende Kuh benötigte 2 Metzen und 5 milchende Schafe 5 Metzen
  • auf einen Wispel Getreide zum Brauen waren 1½ Metze vorgeschrieben

*Quelle: David Erdmann Preuss, Die Lebensgeschichte des großen Königs Friedrich von Preußen, Haucksche Buchhandlung (1837), S. 18.

Zur Kontrolle musste man ein Salzbuch führen; wer weniger verbrauchte, wurde mit einer Geldbuße bestraft.

In den wenigsten Fällen überlebten solche Salzmonopole über längere Zeit. Herzöge, Fürsten, Handels- und Hansestädte, Bischöfe, Erzbischöfe und staatliche Institutionen lagen ständig im Zwist, wer am tiefsten in den Salzgeldtopf greifen durfte, und sogar Salzkriege wurden geführt.

Die spektakulärste Auseinandersetzung im letzten Jahrhundert war der von Mahatma Gandhi angeführte, 385 Kilometer lange, Salzmarsch (vom 12. März bis zum 5. April 1930). Ziel war es, das britischen Monopol, Salz zu gewinnen, zu transportieren und zu verkaufen, zu brechen. Teil der „Kampagne des zivilen Ungehorsams“ war auch die bewusste Übertretung der von den Briten erlassenen Salzgesetze.

Die Folge waren Verhaftungen von ca. 50.000 Indern und eine brutale Knüppelaktion mit 320 Verletzten und 2 Toten vor den Salzwerken von Dhrasana. Weltweite Proteste und die Fähigkeit Gandhis, die unterschiedlichen Völker und Religionen Indiens zu einen, führten nicht nur zur Lockerung des Salzmonopols (1931), sondern 1947 letztendlich auch zu Indiens Unabhängigkeit.

Der Salzpreis

Trotz der europaweiten Vernetzung war Salz auch im Mittelalter so kostbar, dass es sich nur Wohlhabende leisten konnten, ihr Essen mit Salz nachzuwürzen. Dies lag vor allem daran, dass die Bevölkerung in Europa kontinuierlich zunahm und die Städter auf große Mengen salzkonservierter Lebensmittel angewiesen waren. Da es keine Alternativen gab, benötigte man für 1 kg Fleisch 100 g Salz, pro kg Hering waren es sogar 250-330 g.[19. Susanne Stäblein, Die Lüneburger Saline und ihre Bedeutung für das mittelalterliche Lüneburg und den Ostsseraum, Grin Verlag (2008), S. 4.]  Aufgrund der Knappheit, des immensem Bedarfs an Holz und hohen Steuern stieg der Salzpreis zwischen dem 15. und dem 18. Jahrhundert um das Sechsfache.[20. Martin Kluge, „Salz – das weisse Gold“, Money Museum]Die Situation verbesserte sich erst im 19. Jahrhundert. Für arme Großfamilien, die es damals zuhauf gab, war der Preis aber immer noch eine schwer zu stemmende Last. Samuel Gottfried Kerst schreibt in seinem Buch „Das Salzmonopol in seinen Wirkungen beleuchtet“ von 1865:

zitat_b_50„Es ist gewiß keine Kleinigkeit, wenn ein armer Familienvater in jedem Jahre zwei und mehr Wochen lediglich zur Erschwingung des nöthigen Speißesalzes arbeiten muß.“

Erst der Einsatz von modernen Abbaumaschinen, druckluftbetriebenen Bohrhämmern, Dampfmaschinen zur Förderung der Sole, effektiveren Sole-Verdampfungsanlagen, der Bau der Eisenbahn und die Reduktion von Schutzzöllen, Monopolpreisen und Salzsteuern machten Kochsalz zu einem Massengut. Die Abschaffung der Salzsteuer in England 1825 führte z. B. zu einem Mehrverbrauch von 470 %.[21. Eduard Bleich, Der Erste Vereinigte Landtag in Berlin 1847, Verlag von Karl Reimarus (1847), S. 1107.] In Deutschland gab es erste Lockerungen des staatlichen Handelsmonopols mit dem „Gesetz, betreffend die Erhebung einer Abgabe von Salz“ vom 12. Oktober 1867.

Befreit von der Salzabgabe (§ 2) ist:

  • das zur Ausfuhr nach dem Zollvereins-Auslande und das zur Natronsulphat- und Sodafabrikation bestimmte Salz;
  • das zu landwirtschaftlichen Zwecken, d. zur Fütterung des Viehes und zur Düngung bestimmte Salz;
  • das zum Einsalzen von Heringen und ähnlichen Fischen, sowie das zum Einsalzen, Einpökeln u. w. von Gegenständen, die zur Ausfuhr bestimmt sind und ausgeführt werden, erforderliche und verwendete Salz;
  • das zu allen sonstigen gewerblichen Zwecken bestimmte Salz, jedoch mit Ausnahme des Salzes für solche Gewerbe, welche Nahrungs- und Genußmittel für Menschen bereiten, namentlich auch mit Ausnahme des Salzes für die Herstellung von Tabaksfabrikaten, Mineralwassern und Bädern;
  • das von der Staatsregierung oder mit deren Genehmigung zur Unterstützung bei Nothständen, sowie an Wohlthätigkeitsanstalten verabfolgte Salz.

Das zum inländischen Verbrauch bestimmte Salz unterlag einer Abgabe von zwei Talern für den Zentner Nettogewicht. Das waren bei einem damaligen Verkaufspreis von 10 Pfennig pro Pfund Salz eine Abgabe von etwa 7 Pfennig (1 preußischer Taler = 360 Pf.). Als Vergleich: Beim Discounter gibt es derzeit 1 Pfund Tafelsalz schon für ca. 25 Cent (Stand 2016).

Ganz abgeschafft wurde die Salzsteuer in Deutschland zum 1. Januar 1993 (Steueraufkommen 1992: 27,8 Mio. Euro[22. Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort „Salzsteuer“, Internet: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/salzsteuer.html (Stand: 11.2014).]).

Copyright, Layout, Text, Grafik: Claus Barta

Alle Rechte der Verbreitung, der Übersetzung und der Vervielfältigung vorbehalten. Dies gilt auch für Fotokopie, Internet, Tonträger oder in einer anderen Form. Auszugsweise Nachdrucke sind nur mit schriftlicher Genehmigung gestattet.

Quellenangaben