1. Einführung

abstandGanz allgemein entwickelt sich eine Bluthochdruck-Krankheit meist über Jahrzehnte hinweg und genauso schleichend schädigt sie das Herz, die Nieren und schließlich auch andere lebenswichtige Organe.

Oft beginnt dann die Suche nach den Ursachen und fast genauso oft reicht ein Rückblick in den eigenen Lebenslauf. Was kann man aus diesem herauslesen?

  • Übergewicht?
  • Nikotin- und Alkoholkonsum?
  • Bewegungsarmut?
  • Giftstoffbelastungen?
  • Negativer Stress?
  • Unausgewogene Ernährung?
  • Zuviel Salz?
  • Medikamente statt die Nutzung natürlicher Methoden und Heilkräfte?

Man sieht es an der Aufstellung. Die Auslöser für Bluthochdruck (und jede andere Krankheit) sind in der Regel multifaktoriell und nur eine davon ist die Reduktion von Salz. Deshalb sollte man immer bedenken, dass es den ultimativen Lösungsweg für alle Bluthochdruck-Kranke nicht gibt.

Dennoch ist Salz ein wichtiger Faktor, da der Zusammenhang zwischen dem Anstieg des Blutdrucks und der Höhe der Salzaufnahme eindeutig belegt werden kann.

 

1. Steigt die Kochsalzaufnahme, steigen auch die Blutdruckwerte und das gilt für alle Nationen der Welt

 

Die untere Abbildung zeigt eine Auswertung der „PURE-Studie“ an der 157.543 Erwachsene im Alter zwischen 35 bis 70 Jahren und allen Kontinenten teilnahmen.
abstandsalz_bluthochdruck_diastolisch_systolioschabstandQuelle: nach Andrew Mente et al., „Association of Urinary Sodium and Potassium Excretion with Blood Pressure“, N Engl J Med 2014; 371:601-611, August 2014

 

zitat_b_50In dem 955-seitigen Standardwerk „Arterielle Hypertonie“ schreibt Prof. Dr. F. Skrabal: Die Wichtigkeit der einzelnen Maßnahmen im Vergleich lässt sich schwer abschätzen. Immerhin ist es bemerkenswert, dass in „no salt cultures“, d.h. in Bevölkerungen mit einer Kochsalzzufuhr von 1-3 g/Tag, eine Hochdruckkrankheit nicht existiert, obwohl auch dort Übergewicht und Alkoholkonsum offensichtlich bekannt sind.

 

2. Mit Kalium, dem direkten Gegenspieler von Natrium sinkt der Blutdruck

 

Wie man an der Grafik sieht, senkt ein zunehmender Kaliumspiegel sowohl den systolischen als auch den diastolischen Blutdruck und das klappt auch dann sehr gut, wenn man zuviel Natrium in Form von Kochsalz zu sich nimmt.
abstandkalium_bluthochdruck_diastolisch_systoliosch_2abstandQuelle: nach Andrew Mente et al., „Association of Urinary Sodium and Potassium Excretion with Blood Pressure“, N Engl J Med 2014; 371:601-611, August 2014

2. Fakten über den Supermuskel Herz und das 100.000 Kilometer lange Blut-Gefäßsytem

 

abstand

Blutkreislauf_2
In unserem Stoffwechsel ist der Gefäßkreislauf das Transportsystem, das die Körperzellen mit Mineralstoffen, Vitaminen, Spurenelementen, Enzymen, Eiweißen, Fetten, Kohlehydraten, Hormonen, Abwehrstoffen und Sauerstoff versorgt. Im Rückfluss werden Zellmüll und andere Abfallprodukte des Stoffwechsels über die Nieren entsorgt und entfernt.

Die treibende Kraft dieses Kreislaufs ist das Herz. Die Gefäße mit ihren muskulären und elastischen Fasern bilden ein 100.000 Kilometer langes Leitungssystem. Als Transportmittel dienen 5-6 Liter Blut.

ausrufezeichen_c_50Bei einer Lebenserwartung von durchschnittlich 73 Jahren schlägt das Herz an 26.645 Tagen. Mit insgesamt 3 Milliarden Herzschlägen pumpt es ohne Pause 191.844.000 Liter Blut durch unseren Körper. Zum Vergleich: Ein Auto der Mittelklasse ist auf 5.000 Betriebsstunden ausgelegt und hat diese bei Dauerbetrieb bereits nach 208 Tagen erreicht.

Wer solche Leistungen vollbringt, muss nicht nur über eine gute Kondition verfügen

Komplizierte Mechanismen sorgen dafür, dass immer genau die Blutmenge zur Verfügung steht, die wir für Zellgesundheit, Wärmeregulierung und unterschiedlich hohe körperliche Belastungen benötigen. Stimmt etwas mit diesem Regelwerk nicht, leiden wir entweder an chronischem Energiemangel, oder wir stehen ständig unter Strom. Beides ist unangenehm und gefährlich.

Die Fakten

  • In Deutschland haben ca. 30 Millionen Menschen einen chronisch erhöhten Blutdruck (Hypertonie).
  • Im internationalen Vergleich steht Deutschland in Bezug auf die Häufigkeit von Bluthochdruck an erster Stelle.
  • Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil der Patienten mit Bluthochdruck deutlich an[8. Tomas Lenz, Hypertonie in Klinik und Praxis, Schattauer (2007), S. 75.]:
    • 35- bis 44-jährige Personen: 30-40 %
    • 65- bis 74-jährige Personen: 70-85 %
  • Für die WHO ist Bluthochdruck die verbreitetste vermeidbare Krankheit der Welt, die größte globalen Gesundheitsgefahr und die wichtigste Ursache für die Zunahme an nicht übertragbaren Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes, Nierenerkrankungen, Augen- und Netzhautschäden und vorzeitigem Tod[9. WHO Europa, Der Europäische Gesundheitsbericht 2005, S. 20. Internet: http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0004/82444/E87325G.pdf (Stand: 10.2014)].
  • Laut der Gesundheitsberichterstattung des Bundes ((GBE) vom Robert Kochinstitut (GBE) sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland die zweithäufigste Ursache für Krankheiten und nur 47 % der Frauen und 23 % haben ohne blutdrucksenkende Medikamente einen normalen Blutdruck. (Stand 2015).[10. GBE Kompakt, „Zahlen und Trends aus der Gesundheitsberichterstattung des Bundes“, 4/2015]
  • 2008 wurden vom Robert Koch Institut die Kosten für Krankheiten des Kreislaufsystems für das Jahr 2006 berechnet:
    • Direkte Kosten: 35,2 Milliarden Euro, davon 8,6 Milliarden Euro zur Behandlung von Bluthochdruck.
    • Indirekte Kosten: 373.000 verlorene Erwerbstätigkeitsjahre durch Arbeitsunfähigkeit, Invalidität oder vorzeitigen Tod infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
    • Der Anteil der Ausfälle durch Bluthochdruck beträgt davon 27.000 Jahre.
  • Jedes Jahr erleiden in Deutschland etwa 200.000 Menschen einen erstmaligen Schlaganfall und bei 70.000 Menschen tritt Schlaganfall zum wiederholten mal auf (Stand 2016).  [11.Deutsche Schlaganfall Hilfe, Internet; http://www.schlaganfall-hilfe.de/der-schlaganfall]. Das sind 740 am Tag bzw. alle 2 Minuten ein neuer Fall.
  • In der unbehandelten Zeit gehen pro Minute etwa 1,9 Millionen Nervenzellen, 14 Millionen Synapsen und 12 Kilometer Nervenfasern zugrunde.[12. Prof. Dr. Andreas Hetzel, „Für und Wider in der Telemedizin bei Schlaganfall“, Vortrag in Bressanone vom 05.02.2011.] An den Folgen stirbt alle neun Minuten ein Betroffener.
  • Laut Statistischem Bundesamt in Wiesbaden verstarben 2014 in Deutschland 868.356 Menschen, davon 56,1 % durch Herzinfarkte und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen.[4. Statistischem Bundesamt in Wiesbaden, Internet: https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2015/12/PD15_465_232.html]
  • 190.000 Menschen versterben innerhalb der ersten Stunden nach einem Herzinfarkt.[13. Deutsches Medizin-Netz, „Herzinfarkt, Herzschwäche, Herzrhythmusstörung“, 14.10.2008. Internet: http://www.medizin-netz.de/umfassende-berichte/herzinfarkt-herzschwaeche-herzrhythmusstoerung (Stand: 10.2014).
  • Die von der Europäischen Union geförderte Studie HYPERGENES* analysierte die Ergebnisse aus 13 bereits veröffentlichten Studien. CORDIS, der Forschungs- und Entwicklungsinformationsdienst der Gemeinschaft, stellt hierzu fest: „Eindeutig zeigte sich, dass eine Reduzierung von 5 g Salz täglich das Schlaganfallrisiko um 23 Prozent und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 17 Prozent senken kann“ [14. CORDIS, „Zuviel Salz erhöht Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko“, 25.11.2009. Internet: http://cordis.europa.eu/news/rcn/31508_de.html (Stand: 10.2014).].

* HYPERGENES = European network for genetic-epidemiological studies: building a method to dissect complex genetic traits, using essential hypertension as a disease model.

Nach oben

3. Warum steigt durch Kochsalz der Blutdruck?


abstand


3.1   Ursachen, Co-Faktoren und Hinweise für eine Salzsensitivität


abstandDa das Blut die Zellen mit allen lebensnotwendigen Substanzen versorgt, benötigt der menschliche Organismus in den Arterien einen genau definierten Blutdruck.

Dabei gibt es zwei Phasen:

  • in der Kontraktionsphase (hoher Blutdruck) pumpt die linke Herzkammer mit jedem Herzschlag 60 bis 90 ml Blut in die Aorta;
  • in der Erschlaffungsphase (niedriger Blutdruck) füllt sich das Herz wieder mit Blut.

Systolisch_Diastolisch_2

Optimale Werte laut medizinischer Definition:

  • systolischer Blutdruck: unter 120 mmHg
  • diastolischer Blutdruck: unter 80 mmHg
  • Herzschlagfrequenz in Ruhe (Ruhepuls): 50 bis 100 Schläge/Minute

Ein krankhaft erhöhter Blutdruck liegt dann vor, wenn in Ruhe zum wiederholten Male Blutdruckwerte von 140 mmHg systolisch und 90 mmHg diastolisch und höher gemessen werden. Man spricht dann von systolischer, diastolischer oder kombinierter arterieller Hypertonie.

Gründe für ungünstige systolische Werte in Ruhe

  • Das Herz muss eine größere Blutmenge transportieren → Stress und psychische Belastungen während der Messung.
  • Es wird eine höhere Herzfrequenz bzw. Schlagkraft benötigt → das Herz muss sich zur Versorgung der Organe mehr anstrengen.

Gründe für ungünstige diastolische Werte in Ruhe

  • Es fließt zu wenig Blut in die weiter entfernten Arterien ab, wodurch der Blutfluss stockt → verkrampfte, unelastische, verkalkte und dadurch verengte Blutgefäße.

Abgrenzung

Ein hoher systolischer Wert deutet auf herzbedingte, ein hoher diastolischer Wert auf gefäßbedingte Umstände hin. Beide Faktoren beeinflussen sich aber gegenseitig. Die größte Bedeutung haben in diesem Zusammenhang Herzschwäche, Arterienverkalkung, Mangel an Flüssigkeit (dickes Blut = erhöhte Blutviskosität), zuviel Wasser im Kreislaufsystem, Nierenprobleme, nervlich oder hormonell bedingte Störungen in der Gefäßmuskulatur oder mangelnde Elastizität der Blutgefäße.
abstand


3.2   Mechanismen wie Kochsalz die Blutgefäße und den Blutdruck beeinflusst



abstand
Obwohl der blutdrucksteigernde Effekt von Kochsalz seit über 100 Jahren bekannt ist, sind noch nicht alle verursachenden biologischen Mechanismen geklärt. Es kristallisiert sich aber immer mehr heraus, dass zuviel Kochsalz den systolischen und den diastolischen Blutdruck auf vielen unterschiedlichen Ebenen negativ beeinflusst.


3.2.1 Renin, Angiotensin, Aldosteron – das Enzym-Hormon-System

Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) hat eine Schlüsselstellung bei der Regulation des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts, des Blutdrucks und der Pumpleistung des Herzens. Der Anstieg des Blutdrucks entsteht vor allem durch die Stimulierung der Aldosteronsynthese und der dadurch bedingten verringerten Natriumausscheidung.

renin_2

Bildhintergrund: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Renin-angiotensin_system_in_man_shadow.png

weniger Aktivität senkt: Blutdruck, Durst, Blutvolumen, Kaliumausscheidung, Natriumrückresorption

höhere Aktivität erhöht: Blutdruck, Durst, Blutvolumen, Kaliumausscheidung, Natriumrückresorption

Dieses umfangreiche Stellwerk für den Blutdruck wird durch zahlreiche Faktoren und auch durch Medikamente beeinflusst. Auffallend ist, dass Herz-Kreislauf-Medikamente sowohl hemmend als auch stimmulierend in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System eingreifen.

* Bei Hyperaldosteronismus wird ständig zuviel Aldosteron aus den Nebennierenrinden ausgeschüttet. Ursache für den primären Hyperaldosteronismus sind krankhaft veränderte Nebennieren. Sekundärer Hyperaldosteronismus wird ausgelöst durch Erkrankungen, die außerhalb der Nebennieren liegen, wie Hypertonie, Leberzirrhose, Ödeme, Nephrotisches Syndrom, Bartter-Syndrom, Rechtsherzinsuffizienz oder eine Diuretikatherapie. Auswirkungen des Aldosteronüberschusses sind eine geringere Natrium- und Wasserausscheidung und eine gesteigerte Eliminierung von Kalium = Bluthochdruck und Kaliummangel.
Erhöhung des Aldosteronspiegels durch: Calciumantagonisten, Hydralazin, Diaoxid, Spironolacton, Diuretika, Laxanzien, hoch dosiertes Lithium, Gentamicin, Ovulationshemmer, Captopril in Verbindung mit stressbedingtem Verlust an Kalium und Magnesium, nach Operationen, Hyperaldosteronismus*, zu niedriger Natriumgehalt der Nahrung.

 

 

 

 

 

 

 

Senkung des Aldosteronspiegels durch: Beta-Blocker, alpha-Methyldopa, Clonidin, Herzglykoside, Antirheumatika, Antiphlogistika, Glukocorticoide, Captopril in Verbindung mit einer Nebennierenrindenschwäche, Schock, zu hoher Natriumgehalt der Nahrung.

Quelle (erweitert): nach einer Aufstellung des Universitätsklinikums Essen (Stand: 01.02.2010)[15. Universitätsklinikum Essen, MVZ Ambulante Versorgung / Labormedizin (Stand: 01.02.2010).]

 

3.2.2   Dort, wo viel Wasser ist, ist auch die Druckbelastung höher
platzhalter
fragezeichen_c_50Zum Mittagessen eine Pizza oder ein anderes Fertiggericht? Bereits bei einer Aufnahme von 5 Gramm Kochsalz benötigen wir zusätzlich einen halben Liter Wasser im Blutgefäßsystem, um die Erhöhung der Salzkonzentration auszugleichen.

Die Konsequenz:

  • Wir bekommen Durst.
  • Trinken wir zu den Mahlzeiten nichts, wird Wasser den Zellen bzw. dem Gewebe entzogen (laut Dr. Mercola wird für jedes Gramm überschüssiges Natriumchlorid, 23 Gramm Zellwasser benötigt um es zu neutralisieren) .
  • Durch die Blutvolumenzunahme im Kreislauf steigt die Druckbelastung der Gefäße.

Kochsalz_Wasser_Gefaessdruck

 

3.2.3   Botenstoffe verringern daraufhin den Durchmesser der GefäßeplatzhalterForscher vom Pharmakologischen Institut am Universitätsklinikum Heidelberg haben herausgefunden, dass Salz Botenstoffe in der Blutgefäßmuskulatur aktiviert (G12/G13-vermittelter Signalweg).[16. Angela Wirth, Zoltán Benyó, Martina Lukasova, Barbara Leutgeb, Nina Wettschureck, Stefan Gorbey, Petra Örsy, Béla Horváth, Christiane Maser-Gluth, Erich Greiner, Björn Lemmer, Günther Schütz, J. Silvio Gutkind, Stefan Offermanns, „G12/G13-LARG-mediated signalling in vascular smooth muscle is required for salt-induced hypertension“, Nature Medicine 14, 64-68 (2008). Internet: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18084302 (Stand: 10.2014).]  Diese bewirken, dass sich die Muskelzellen zusammenziehen, und als Folge verringert sich der Gefäßdurchmesser wieder, und der Blutdruck steigt.

zitat_b_50Die Wissenschaftler erklären auch, warum gefäßkontrahierende Botenstoffe ausgeschüttet werden: „Um möglichst viel Salz und Wasser über die Nieren auszuscheiden, wird der Blutdruck erhöht.“ [17. Pressemitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg, „Warum zu viel Salz den Blutdruck erhöht“, 17.12.2007.]Das ist ein klares Indiz dafür, dass zuviel Kochsalz ein Stoffwechselgift ist.

Ein weiterer Faktor, der zu einer Verengung der Blutgefäße führt, ist Noradrenalin – ein Neurotransmitter, der in Stresssituationen in großen Mengen ausgeschüttet wird. Haben wir zu viele Natriumionen in den Gefäßwänden, reagieren wir empfindlicher auf Noradrenalin.[18. Jens Christian Heuer, „Bluthochdruck“, Pharmakologie Journal, 03.07.2009. Internet: http://www.praxis-heuer-dercken.de/grafik/pdf/bluthochdruck.pdf (Stand: 10.2014).]Deswegen ist die Kombination aus Stress und Kochsalz Gift für den Blutdruck.

 

3.2.4   Baro-Rezeptoren als „Feuerwehr“

Baro-Rezeptoren sind druckempfindliche Sinneszellen in den Gefäßwänden, die jede Dehnung und jede Blutdruckveränderung wahrnehmen. Schwankungen werden an das Zentralnervensystem weitergeleitet, welches sofort die notwendigen Gegenmaßnahmen ergreift. Ziel ist ein möglichst gleichmäßiger Blutdruck – und hier liegt auch die größte Schwäche der Baro-Rezeptoren.

Ist der Blutdruck über einen längeren Zeitraum erhöht, führt dies zu einer Anpassung der Baro-Rezeptoren an die neue Situation – eine bedenkliche Entwicklung, denn irgendwann gilt der erhöhte Wert als neue Norm. Die Medizin versucht dies neuerdings mit Baro-Reflexschrittmachern zu verhindern, um damit Patienten zu helfen, die auf blutdrucksenkende Medikamente nicht mehr reagieren. Eine Reduktion der Kochsalzzufuhr wäre allerdings das viel „günstigere“ und geeignetere Mittel.

 

3.2.5   ANF – das Herzhormon

Auch das Herz hat Rezeptoren, die bei Salzüberschuss und damit zu hohem Blutvolumen auf Dehnungsreize reagieren. ANF (atrialer natriuretischer Faktor) wird im Herzvorhof gebildet und erhöht die Natriumausscheidung.

 

3.2.6   ADH – das Gehirnhormon

Das antidiuretische Hormon (Adiuretin) arbeitet eng mit den Baro-Zellen und dem ANF-Herzhormon zusammen. Es wird vermehrt ausgeschüttet, sobald die Gefahr besteht, dass das Blut eindickt und dadurch die Konzentration von Natrium zu stark ansteigt. Zur Normalisierung wird die Wasserausscheidung über die Nieren verringert und der Durst erhöht.

 

3.2.7   Ouabain – das Steroidhormon

Dieses zuckerhaltige Mineralcorticoid zählt zu den herzwirksamen Glykosiden. Steigt die Natriumkonzentration im Blut, wird vermehrt Ouabain in der Gefäßmuskulatur und den Herzmuskelzellen freigesetzt. Die Bindungsstelle für Ouabain ist die Natrium-Kalium-Pumpe, die sich in der Zellwand befindet. Sobald es dort andockt, vermindert sich ihre Tätigkeit, und es strömt mehr Natrium in die Zelle ein. Das wiederum führt zu einer höheren Aktivität des Natrium-Calcium-Austauschers. Das überschüssige Natrium wird aus der Zelle hinaustransportiert, und im Gegenzug strömen mehr Calcium-Ionen in die Zelle. Dadurch ziehen sich die Gefäßmuskelzellen zusammen – der Blutdruck steigt.

 

3.2.8   Salzspeicher in der Haut und Muskeln senken oder erhöhen den Blutdruck

Die Haut und die Muskeln sind neben dem Darm unser flächenmäßig größten Organe. Für „Notzeiten“, als Salz noch rar war, ist es daher durchaus sinnvoll, kleine Salzspeicher über den gesamten Körper zu verteilen.

Nach Meinung von Dr. Martina Heer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln-Porz werden die Salzspeicher auch dazu genutzt, permanent überhöhte Salzzufuhren abzupuffern. Die DLR vermutet aber, dass salzsensitive Menschen aufgrund genetischer Faktoren nicht in der Lage sind, die Haut als Lagerstätte zu nutzen und deshalb mit erhöhtem Blutdruck reagieren.[19. Agnes Machnik, Wolfgang Neuhofer, Jonathan Jantsch, Anke Dahlmann, Tuomas Tammela, Katharina Machura, Joon-Keun Park, Franz-Xaver Beck, Dominik N. Müller, Wolfgang Derer, Jennifer Goss, Agata Ziomber, Peter Dietsch, Hubertus Wagner, Nico van Rooijen, Armin Kurtz, Karl F. Hilgers, Kari Alitalo, Kai-Uwe Eckardt, Friedrich C. Luft, Dontscho Kerjaschki, Jens Titze, „Macrophages regulate salt-dependent volume and blood pressure by a vascular endothelial growth factor-C-dependent buffering mechanism“, Nat Med. 2009 May; 15(5): 545-52; doi: 10.1038/nm.1960. Epub 2009 May 03 (Stand: 10.2014).] Günter Ruyters, „Geschöpfe der Schwerkraft“, Weltraum-Medizin 2005, S. 26-27. Internet: http://www.dlr.de/Portaldata/1/Resources/kommunikation/publikationen/110_nachrichten/dlr-nari110_24-29.pdf (Stand: 10.2014).]Auch die Kliniken für Nieren- und Hochdruckkrankheiten der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg befassten sich mit diesem Thema.[20. Agnes Machnik, Wolfgang Neuhofer, Jonathan Jantsch, Anke Dahlmann, Tuomas Tammela, Katharina Machura, Joon-Keun Park, Franz-Xaver Beck, Dominik N. Müller, Wolfgang Derer, Jennifer Goss, Agata Ziomber, Peter Dietsch, Hubertus Wagner, Nico van Rooijen, Armin Kurtz, Karl F. Hilgers, Kari Alitalo, Kai-Uwe Eckardt, Friedrich C. Luft, Dontscho Kerjaschki, Jens Titze, „Macrophages regulate salt-dependent volume and blood pressure by a vascular endothelial growth factor-C-dependent buffering mechanism“, Nat Med. 2009 May; 15(5): 545-52; doi: 10.1038/nm.1960. Epub 2009 May 03 (Stand: 10.2014).] Die Forscher stellten fest, dass sich die Haut nicht als Dauerspeicher für zu viel aufgenommenes Salz missbrauchen lässt.

* Makrophagen (Fresszellen) gehören zur Gruppe der weißen Blutkörperchen und sind ein wesentlicher Bestandteil des Immunsystems; sie zählen zu den Fresszellen (rot) im Bindegewebsraum der Haut.
Deshalb werden Makrophagen* mit einem Salz-Sensor ins Bindegewebe der Haut gelockt, die den Botenstoff VEGF-C (Vascular Endothelial Growth Factor-C) ausschütten. Dieser Wachstumsfaktor sorgt dafür, dass sich die Lymphgefäße in der Haut vermehren, sodass der Salzspeicher laufend geleert wird.

Leider sind auch hier salzsensitive Menschen im Nachteil, da bei ihnen dieses Steuerungsinstrument nicht mehr optimal funktioniert. Als Folge bleibt der „Salz-Ausgleichsbehälter“ gefüllt, und dem Stoffwechsel fehlt ein wichtiger Faktor zur Blutdruckregulation. Auch bei Krebspatienten, die mit VEGF-Blockern behandelt werden, und bei Patienten mit Makrophagen-Mangel entwickelt sich deshalb oft ein riskant hoher Blutdruck.

 

3.2.9   Nierenfunktionsstörungen

Im Kapitel Niere und Blase werden die Zusammenhänge zwischen einem hohen Kochsalzkonsum und Nierenproblemen ausführlich dargelegt. Hier deshalb nur eine kurze Zusammenfassung: Die Niere übernimmt nicht nur Steuerungsaufgaben in der Wasser- und Natriumregulation, sie ist auch das Organ, über welches die Ausscheidung abgewickelt wird. Deshalb kann die Niere der Engpass sein, an dem sich alles staut. Diese Problematik wird oft unterschätzt, obwohl etwa 18 Millionen Menschen bereits kritische Nierenwerte haben.

Nach Prof. Dr. Julian Rosenthal und Prof. Dr. Rainer Kolloch können „bereits minimale erworbene Nierenschäden, ohne Beeinflussung von GFR und RBF, zu einer erhöhten Salzsensitivität im Tierexperiment und am Menschen führen. Diese Erkenntnis ist von großer therapeutischer Bedeutung“.[21. Julian Rosenthal, Rainer Kolloch, Arterielle Hypertonie, Springer (2003), S. 260.]GFR = glomeruläre Filtrationsrate (gibt das Gesamtvolumen des Primärharns an)
RBF = renaler Blutfluss (Durchblutungsrate der Niere)

Die Klinik für Innere Medizin I des St.-Johannes-Hospitals in Dortmund gibt zu bedenken, dass bei einer Einschränkung der Nierenfunktion das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen massiv ansteigt. Das würde nach ihren Aussagen auch erklären, warum relativ wenige Patienten von einem Totalverlust der Nierenfunktion betroffen sind: „Offenbar sind somit bereits viele Menschen auf diesem Weg an den Komplikationen ihrer Herz-Kreislauf-Erkrankungen verstorben.“[22. Klinik für Innere Medizin I, St.-Johannes-Hospital Dortmund, „Bedeutung von Nierenerkrankungen“, Internet: http://inneremedizin1.joho-dortmund.de/bedeutung-von-nierenerkrankungen-inneremedizin1.html (Stand: 10.2014)]

 

3.2.10   Salz senkt die Körpertemperatur

Dass Salz den Schmelzpunkt von Eis herabsetzt, ist allgemein bekannt; dass es es aber auch einen Einfluss auf die Körpertemperatur hat, wurde erst kürzlich von US-Forschern nachgewiesen.[23. Case Western Reserve University, School of Medicine, News Center, „New study identifies possible cause of salt-induced hypertension“, veröffentlicht am 14.04.2011. Internet: http://casemed.case.edu/newscenter/news-release/newsrelease.cfm?news_id=119 (Stand: 10.2014).]  Sie untersuchten die Wirkung von Wasser plus Salz oder von Wasser allein auf gesunde Männer ohne Bluthochdruck. Kontrolliert wurden Blutdruck, Rektaltemperatur, Herzindex und Urinausscheidung. Die Studie ergab, dass die Einnahme von Wasser plus Salz die Körpertemperatur stärker absenkt und der Unterschied bei salzsensitiven Personen gegenüber der „Wassergruppe“ noch deutlicher ausfällt.

Nach ihrer Meinung steigt der Blutdruck, weil es für das Herz-Kreislauf-System mit steigernder Salzzufuhr zunehmend schwieriger wird, mit der Doppelbelastung von Blutdruck- und Körpertemperatur-Regulation fertigzuwerden.

 

3.2.11   Weniger oder mehr Elastizität durch Natrium und Kalium?

zitat_b_50Entscheidend für das biologische Alter ist die Elastizität der Blutgefäße. Forschungen der letzten Jahre haben gezeigt: Wenn die E-Zellen fit und elastisch sind, ist auch der Körper jung und gesund. E steht für Endothel, so nennen Wissenschaftler die Innenwand der Blutgefäße.[24. „Freundin“, „Herzalter und Prävention“, Interview mit Prof. Dr. med. Martin Halle. Internet: http://www.freundin.de/Artikel/interview-Herzalter-und-Praevention_1179624.html (Stand 10.2014).]Quelle: Prof. Dr. med. Martin Halle, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen

Salz hat einen großen Einfluss auf die Endothelzellen, die unsere Blutgefäße auskleiden. Dies wurde erst kürzlich von Forschern des Instituts für Physiologie II am Universitätsklinikum Münster (UKM) unter der Leitung von Prof. Dr. Hans Oberleithner entdeckt.[25. Prof. Dr. Hans Oberleithner, „Gefäßendothelzellen als Salzsensoren“, MedReport Nr. 19 I, 32. Jahrgang 2008, S. 7.
Originalquelle: Hans Oberleithner et al., „Plasma sodium stiffens vascular endothelium and reduces nitric oxide release“, Proc Natl Acad Sci USA 2007 Oct 9; 104(41):16281-6. Epub 2007 Oct 2. Internet: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1999397 (Stand: 10.2014).] platzhalterBlutgefaesse_Elastizitaet_Steifigkeit

Bildquelle (verändert): nach Wikipedia by-sa Stijn A. I. Ghesquiere

Mit Hilfe eines mechanischen Nanosensors können die Wissenschaftler die „Härte“ einzelner lebender Zellen messen. Messinstrument ist ein Rasterkraftmikroskop (AFM), das mit einer winzigen Biegefeder ausgestattet ist, auf der sich eine Messnadel befindet. Die Spitze der Messnadel hat eine Breite von nur wenigen Atomen. Übt man mit der Messnadel Druck auf eine Zelle aus, kann man feststellen, ob eine Substanz die Zelle steifer (geringere Elastizität) oder weicher macht (höhere Elastizität).

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich die Zellen der inneren Gefäßwand in einem natriumreichen Medium versteifen. Hierzu Institutsdirektor Prof. Dr. Hans Oberleithner: „Wir stellen uns gegenwärtig vor, dass Natriumionen unter dem Einfluss von bestimmten Hormonen in die Endothelzellen eindringen und eine mehrere 100 Nanometer dicke Zone direkt unter der Zellmembran ‚eindicken‘.“[26. Nanotechnologie dringt in die Medizin vor, Dtsch Arztebl 2009; 106(41): A-1988 / B-1706 / C-1670]Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse:

  • Es ergab sich eine deutliche Zunahme der Gefäßsteifigkeit und ein Absinken des Stickstoffmonoxidgehalts (NO) unter dem Einfluss von Natrium. Die Gefahr: Unflexible Gefäße setzen dem durchfließenden Blut wesentlich mehr Widerstand entgegen als elastische Gefäße, sodass das Herz einen höheren Druck aufbauen muss, um innere Organe, Gliedmaßen und das Gehirn ausreichend mit Blut zu versorgen.
  • Nach Prof. Dr. med. Matthias Barton von der Medizinischen Poliklinik des Universitätsspitals Zürich gehen folgende kardiovaskuläre Erkrankungen mit einer geringeren Bioverfügbarkeit von Stickstoffmonoxid einher: koronare Herzkrankungen, periphere arterielle Verschlusskrankheit, hypertensive Herzkrankheit, chronische Herzinsuffizienz, Klappenvitien, zyanotische Herzfehler.[26. Marc Husmann, Mario Keller, Matthias Barton, „Atherosklerotische Gefässerkrankungen und Stickstoffmonoxid (NO): Die wachsende Bedeutung von hoher Lebenserwartung und Übergewicht für die Klinik“, Schweiz Med Forum 2007;7:1008-1011, S. 1009. Internet: Atherosklerotische Gefässerkrankungen und Stickstoffmonoxid (Stand: 10.2014).]
  • Kalium dagegen erhöht den Anteil von Stickstoffmonoxid in den Gefäßzellen. Es wirkt wie ein „Weichmacher“, wodurch das Formveränderungsvermögen der Gefäße und die Durchblutung ihrer Zellen steigen.
  • Bereits durch eine geringfügig höhere Blut-Kalium-Konzentration nimmt die problematische Zellsteifigkeit um etwa 25 % ab, und gleichzeitig erhöht sich die Stickstoffmonoxid-Synthese.

ausrufezeichen_50„Kalium ist für die weichen Gewebe des Körpers, was Kalzium für die festen ist. Es besteht kaum ein Zweifel, dass der Verhärtungsprozess, der das ganze System unserer Blutgefäße bedroht, durch
Kalium verzögert wird.“

Aus dem Buch 5 x 20 Jahre leben (Erstauflage 1959!) des Volksmediziners Dr. D. C. Jarvis (1881–1966).
abstand

Welche Bedeutung hat das für die Gesundheit und die Gefäßfunktion?

Stickstoffmonoxid besteht aus den Elementen Stickstoff und Sauerstoff. Die Funktion dieses Gases im menschlichen Stoffwechsel war lange Zeit unbekannt, da es ein flüchtiger Stoff ist und die Moleküle sehr klein sind. Außerdem baut es sich sehr schnell auf und ab. Die entscheidenden Pioniere bei der Erforschung von Stickstoffmonoxid waren die US-Pharmakologen Robert F. Furchgott, Ferid Murad und Louis Ignarro, die dafür 1998 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet wurden.

Allgemeine Aufgaben von Stickstoffmonoxid

  • Als kleines Molekül und in gasförmigem Zustand ist es als Signal- und Kommunikationsstoff von besonderer Bedeutung, da es ohne spezielle Transportsysteme Barrieren wie Zellwand oder die Bluthirnschranke überwinden kann.
  • Als Neurotransmitter ist es an der Informationsübertragung von Nervenzelle zu Nervenzelle beteiligt. Forschungen haben gezeigt, dass Stickstoffmonoxid auch benötigt wird, um Störungen und Verletzungen von Nervenzellen zu beheben.[27. Pressemitteilung Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, „Stickstoffmonoxid lässt Nerven wachsen“, 15.01.2008. Internet: http://www.g-o.de/wissen-aktuell-7660-2008-01-15.html (Stand: 10.2014).]
  • Unsere weißen Blutkörperchen nutzen es, um Viren, Bakterien und andere Krankheitserreger zu vernichten.
  • NO verstärkt die Wirkung körpereigener Entzündungsprozesse und beschleunigt damit den Heilungsverlauf.
  • Durch die gefäßerweiternde Wirkung wird das Gewebe entspannt und besser mit Nährstoffen sowie Sauerstoff versorgt. Diese Wirkung hat es auf den gesamten Organismus. Auch für eine Erektion ist eine ausreichende Menge an Stickstoffmonoxid unerlässlich; das Potenzmittel Viagra beispielsweise greift in diesen Prozess ein, indem es die Freisetzung von NO anregt.

Aufgaben von Stickstoffmonoxid im Herz-Kreislauf-System

  • Es verhindert die Verklumpung der Blutplättchen (Thrombusbildung) und damit die Gefahr für Thrombosen, Herzinfarkt und Schlaganfall.
  • Indem es die Gefäßmuskulatur entspannt und so die Gefäße erweitert, wird
    • der Blutdruck gesenkt,
    • die Sauerstoffversorgung des Herzens verbessert und
    • Verkrampfungen des Herzmuskel entgegengewirkt (wichtig bei Herzbeklemmung, Herzschmerzen, Angina pectoris).
  • Die Gefäßwände schützt NO, indem es die Anlagerung und Verklumpung von Blutplättchen verhindert. Eine weitere Eigenschaft von Stickstoffmonoxid ist es, die Gefäßwand vor unterschwelligen (das heißt nicht-schmerzhaften) Entzündungen zu schützen.

zitat_b_50Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass bereits kleine Veränderungen des Plasmanatriums im physiologischen Bereich einen relevanten Einfluss auf die Endothelfunktion haben. Die vorgestellten Daten empfehlen eine kochsalzarme und kaliumreiche Ernährung, wie sie über Jahrtausende von unseren Vorfahren praktiziert wurde.

Dr. Stefan Reuter, Prof. Dr. Hermann Pavenstädt, PD Dr. Eckhart Büssemaker vom Medizinischen Universitätsklinikum Münster

Nach oben

4. Kochsalzaufnahme → oxidativer Stress → Arteriosklerose → Schlaganfall und Herzinfarkt
abstand 

Der letzte Punkt in der vorangegangenen Aufzählung ist eminent wichtig, da bei Entzündungen immer aggressive Sauerstoffverbindungen (freie Radikale) entstehen, die auf das umliegende Gewebe wie mikroskopische Gewehrkugeln wirken.

Oxidativer_Stress_Kochsalz_Speisesalz

Grafik nach R. Großklaus, A. Lampen, R. Wittkowski,
Für und Wider einer Salzreduktion in der Gesamtbevölkerung, Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin (2010), S. 60.

 


schloss_c_50Diese Grafik macht zwei Sachverhalte deutlich:

abstand

  1. Eine gewisse Menge Kochsalz kann die Entstehung von freien Radikalen reduzieren.
  2. Ab einer Kochsalzmenge von ca. 4,5 g täglich steigt die Kurve an, und bei einer Kochsalzaufnahme von 12 g/Tag ist die Radikalenbildung um das 4-5-fache höher.

 

Am stärksten betroffen von oxidativem Stress sind die lebenswichtigen LDL-Cholesterinpartikel in der Gefäßwand. Sie werden „ranzig“ und können dadurch vom „guten“ HDL-Cholesterin nicht mehr abgebaut werden. Man kann die Innenzellauskleidung der Gefäßwand mit einer Bratpfanne vergleichen: Ist die Beschichtung neu, haftet beim Brutzeln nichts an. Sobald die Schicht aber beschädigt ist, bleiben Nahrungsmittelbestandteile am Boden kleben.

Durch oxidiertes Cholesterin entstehen mit der Zeit Fettablagerungen, an denen abgestorbene Aufräumzellen, Kalk und Zellmüll hängen bleiben. US-Wissenschaftler der Columbia University konnten in einer 2011 veröffentlichten Publikation nachweisen, dass sich in diesen Plaques sogar Bakterien einnisten können.[28. Brian Rafferty et al., „Cultivation of Enterobacter Hormaechei from Human Atherosclerotic Tissue”, Journal of Atherosclerosis and Thrombosis, Vol. 18 (2011), No. 1, 72-81. Internet: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20972353 (Stand: 10.2014).] herz_fontaene_verletzung_3

Irgendwann ist dann der Blutdurchfluss so stark behindert, dass es im wahrsten Sinne des Wortes eng wird. Der Mediziner nennt dies Arteriosklerose, der Volksmund Arterienverkalkung. Ist die Engstelle in Herznähe, wird der Herzmuskel nur noch unzureichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Die Folge sind Atemnot, Engegefühl, Schmerzen in der Herzgegend, Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen.

Auch ein Herzinfarkt oder Schlaganfall ist nichts anderes als eine akute und massive Durchblutungsstörung. Ursache ist in den allermeisten Fällen ein Thrombus (Blutpfropf), der sich nicht zufällig gebildet hat. In den allermeisten Fällen sind es Schäden und Verengungen der Gefäßwände, die ein Blutgerinnsel hervorrufen – es ist derselbe Vorgang, der beim Verschluss einer blutenden Wunde abläuft. Bei den möglichen gesundheitlichen Schäden, die dadurch entstehen können, werden zwei Formen unterschieden:

→ Thrombus: Gefäßverschluss am Ort seiner Entstehung (Thrombose)
Embolus: Reißt der Thrombus ab, so gelangt er in den Blutstrom. Trifft er dort auf enge bzw. verengte Gefäße, kann dies in den Herzkranzgefäßen zu einem Herzinfarkt, im Gehirn zu einem Schlaganfall, am Auge zu einem Netzhautinfarkt oder in der Lunge zu einer Lungenembolie führen.

Schlaganfall durch geplatzte Gefäße

Man kann sich leicht vorstellen, was beim Zusammentreffen folgender Risikofaktoren passieren kann: schlecht fließendes Blut in verkalkten Gefäßen, in denen wegen eines hohen Natriumspiegels ein erhöhter Druck herrscht, und unelastische bzw. brüchige Gefäßwände durch Arterienverkalkung. Häufiges Nasenbluten ist oft ein erstes Anzeichen, dass die Gefäße dem Druck nicht mehr standhalten.

Dieses lästige, aber meist harmlose Warnzeichen sollte man ernst nehmen, denn wenn eines der Blutgefäße im Gehirn reißt, führt dies zu einem blutigen Schlaganfall (hämorrhagischer Schlaganfall). Etwa 20 % aller Schlaganfälle gehören zu diesem Typ, der wie der verschlussbedingte Schlaganfall zu einer Minderversorgung des Gewebes führt. Es kann aber genauso Augen, Nieren, die Lunge oder Hämorrhoiden treffen.

Tierversuche

Es gibt unzählige Tierstudien, die einen Zusammenhang zwischen hohem Salzkonsum und gesundheitlichen Problemen bewiesen haben. Allerdings wurden die Tiere oft mit extrem hohen oder sogar toxischen Dosen traktiert, und wegen Unterschieden im Körperbau, im Stresslevel sowie unterschiedlicher Organ- und Stoffwechselfunktionen lassen sich Tierversuche meist nur bedingt auf den Menschen übertragen. Die genetische Kluft zwischen Mensch und Schimpansen ist allerdings so klein (Abweichung: ca. 1 %), dass relevante Erkenntnisse gewonnen werden können.

1995 veröffentlichten Derek Denton et al. die randomisierte Parallelgruppen-Studien „The effect of increased salt intake on blood pressure of chimpanzees“[29. D. Denton, R. Weisinger, N. I. Mundy, E. J. Wickings, A. Dixson, P- Moisson et al., „The effect of increased salt intake on blood pressure of chimpanzees“, Nat Med 1995; 1 (10): 1009-1016. Internet: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7489355 (Stand: 10.2014).]. Sie wurde in einer Kolonie mit 26 Affen durchgeführt. Alle Tiere erhielten über den gesamten Zeitraum von ca. 20 Monaten eine vegetarische Ernährung mit einem hohen Frucht- und Gemüseanteil und zusätzlich einer flüssigen Säuglingsnahrung mit unterschiedlich hohem Salzgehalt.
abstandBei der Kontrollgruppe ohne Salzzugabe (Salzaufnahme pro Tag ca. 0,5 Gramm) veränderte sich der Blutdruck über den gesamten Zeitraum nicht. Signifikante Veränderungen ergaben sich jedoch bei der Schimpansengruppe mit Salzzugabe.

 

Anstieg der Kochsalzzufuhr

Anstieg
systolischer Blutdruck

19 Wochen lang + 5 Gramm

12 mmHg

3 Wochen lang + 10 Gramm und danach 36 Wochen
lang + 15 Gramm

weitere 26 mmHg

 

Der diastolische Blutdruck stieg zu Beginn nicht signifikant und lag zum Schluss der Studie um 10 mmHg höher.

 

Schimpansen_Kochsalz_Studie

Weitere aufschlussreiche Ergebnisse waren, dass wie beim Menschen nicht alle Schimpansen salzsensitiv (also mit einem Blutdruckanstieg) reagierten und sich der Blutdruck durch eine normale Natriumaufnahme wieder normalisierte.

Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Paul Elliott et al. in einer 2007 veröffentlichen Studie.[30. Paul Elliott, Lesley L. Walker, Mark P. Little, John R. Blair-West, Robert E. Shade, D. Rick Lee et al., „Change in salt intake affects blood pressure of chimpanzees: implications for human populations“, Circulation 2007; 116 (14): 1563-1568. Internet: http://circ.ahajournals.org/content/116/14/1563.short (Stand: 10.2014).]17 Schimpansen erhielten 3 Jahre lang mit Kochsalz angereicherte Kekse. Zu Beginn (1997) enthielten sie über einen Zeitraum von 2 Jahren 75 mmol Natrium am Tag, ab Dezember 1999 35 mmol/Tag und von August 2000 bis Oktober 2001 120 mmol/Tag. Dies entspricht einer Kochsalzmenge von zunächst 4,4, dann 2,0 und schließlich 7,1 Gramm pro Tag.

 

Schimpansen_Kochsalz_weitere_Studie

Nach oben

5. Bluthochdruck – nicht nur eine Gefahr für Herz und Gehirn


abstandzitat_b_50
Lerne alt zu werden mit einem jungen Herzen. Das ist die Kunst.

Johann Wolfgang von Goethe

 


5.1   Unterversorgung der Organe


 

Je weiter die Arterien vom Herzen entfernt sind, desto kleiner sind sie. Die dickste Arterie mit einem Durchmesser von etwa 2,5-3,5 Zentimetern ist die Aorta. Die Kapillaren, die die Zellen versorgen, haben dagegen nur noch einen Durchmesser von fünf Tausendstel Millimetern. Wenn sie durch Ablagerungen, zu viel Natrium und zu wenig Kalium noch enger und steifer werden, ist die Versorgung des Gewebes gefährdet.

Zunächst schreitet dieser Prozess langsam voran; letztendlich führt es aber über die Symptome Bluthochdruck, Energiemangel, Schmerzen, und schließlich Funktionsstörungen zu frühzeitigem Zellsterben. Eine Mangeldurchblutung kann jedes Organ, jeden Nerv, jeden Muskel und sogar die Knochen schädigen.

5.2   Gehirnleistung, Demenz und Alzheimer

Es gibt mehrere Studien über den Zusammenhang von Bluthochdruck und Leistungsfähigkeit des Gehirns. Eine stammt von Dr. Martin Ritter und Prof. Dr. med. Bernd Ringelstein von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Deutschland).

Die Ergebnisse:[31. M. A. Ritter., E. B. Ringelstein, „Arterielle Hypertonie und kognitive Defizite: Der richtige Blutdruck sorgt für geistige Fitness“, MMW – Fortschritte der Medizin 2009 Jan 15;151(1-2):42-3.]

  • Bereits bei einer milden Hypertonie können kognitive Störungen auftreten, und je höher der Blutdruck ist, desto mehr lassen Gedächtnis und Denkvermögen nach.
  • Tritt die Blutdruckerhöhung bereits im mittleren Lebensalter erstmals auf, steigert dies das Risiko einer Demenzerkrankung im höheren Lebensalter besonders stark.
  • Ein kausaler Zusammenhang zwischen Bluthochdruck, Schädigungen der weißen Gehirnmasse (vaskuläre Marklagerläsionen) und dem Auftreten typischer Alzheimer-Veränderungen liegt nahe.
Die bekannteste Demenz-Form ist die Alzheimer´sche Krankheit; sie unterscheidet sich grundlegend von der völlig normalen Alterserscheinung Vergesslichkeit. Diese zählt zwar auch zu den Warnsymptomen, aber es mangelt zusätzlich an der Fähigkeit, klar zu denken, man ist öfters zerstreut, Sprach- und Orientierungsprobleme können auftreten, die Urteilsfähigkeit lässt nach, Gegenstände werden an unsinnigen Orten abgelegt (z. B. der Geldbeutel in den Kühlschrank), es fällt zunehmend schwerer, Rechenaufgaben zu lösen, und es kommt zu Stimmungs-, Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen.

 

 

 

Betrachtet man Alzheimer von der körperlichen Seite, geht die Krankheit mit einem langsam fortschreitenden Verlust von Nervenzellen, Synapsen und Gehirnmasse einher.

Ein wichtiger Faktor für die Entstehung von Alzheimer ist eine mangelhafte Durchblutung des Gehirns – und hier spielt das vom Kochsalz unterdrückte Stickstoffmonoxid eine wichtige Rolle.

ausrufezeichen_c_50Wie US-Wissenschaftler der University of Pittsburgh, School of Medicine in Kooperation mit dem National Institute of Health (NIH) feststellten, können sich die Blutgefäße des Gehirns bei einem niedrigen NO-Spiegel nicht mehr ausreichend erweitern, was die Bildung von Alzheimer-Ablagerungen (Amyloid-Plaques) fördert.[32. Joachim Czichos, „Alzheimer-Plaques durch kranke Blutgefäße“, Wissenschaft aktuell, 03.12.2010. Internet: http://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Alzheimer_Plaques_durch_kranke_Blutgefaesse1771015587264.html (Stand: 10.2014).],[33. Thomas W. Miller et al., „Amyloid-β Inhibits No-cGMP Signaling in a CD36- and CD47-Dependent Manner“, PLOS ONE 5(12): e15686. Internet: http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0015686#pone-0015686-g006; doi: 10.1371/journal.pone.0015686 (Stand: 10.2014). ]Unabhängig voneinander durchgeführte Studien der University of Pittsburgh, der Johns Hopkins University, der Boston University und der Universität Kuopio (Finnland) beschäftigten sich mit der Frage, wie Bluthochdruck Alzheimer und Demenz beeinflusst. [34. Lewis H. Kuller et al., „Relationship of Hypertension, Blood Pressure, and Blood Pressure Control With White Matter Abnormalities in the Women’s Health Initiative Memory Study (WHIMS)–MRI Trial“, The Journal of Clinical Hypertension, Volume 12, Issue 3. Internet: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1751-7176.2009.00234.x/full (Stand: 10.2014).],[35. Ara S. Khachaturian et al., „Antihypertensive Medication Use and Incident Alzheimer Disease. The Cache County Study“, Archives of Neurology, 2006; 63(5):686-92. Internet: http://archneur.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=791437 (Stand: 10.2014).],[36. Nien-Chen Li et al., „Use of angiotensin receptor blockers and risk of dementia in a predominantly male population: prospective cohort analysis“, BMJ 2010; 340:b5465. Internet: http://www.bmj.com/content/340/bmj.b5465 (Stand: 10.2014).],[37. Miia Kivipelto et al., „Obesity and Vascular Risk Factors at Midlife and the Risk of Dementia and Alzheimer Disease“, Arch Neurol. 2005;62:1556-1560. Internet: http://archneur.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=789626 (Stand: 10.2014).] Die wissenschaftlichen Untersuchungen belegen, dass Bluthochdruckpatienten ein deutlich höheres Alzheimer- und Demenzrisiko haben als Menschen mit normalem Blutdruck. Ursachen sind die mangelnde Gehirndurchblutung (weniger Sauerstoff und Nährstoffe), Gefäßschäden, Schäden in der weißen Substanz des Gehirns und sogenannte stumme Hirninfarkte*.

* Der stumme Schlaganfall schädigt zwar das Gewebe, verursacht aber keine spür- oder sichtbaren Symptome.

 


5.3   Netzhauterkrankungen, Sehstörungen, Sehschwäche


 

Siehe Kapitel: Netzhauterkrankungen, Sehstörungen, Sehschwäche

 


5.4   Impotenz


 

Kochsalzmissbrauch hat für die Erektionsfähigkeit des Mannes kurz- und langfristige Folgen. Langfristig führt Bluthochdruck zur Verkalkung der Beckenarterien, und je nach Ausmaß können diese Verengungen zu Erektionsstörungen oder sogar zu völliger Impotenz führen. Der Grund ist einfach: Die Schwellkörperarterien im Penis benötigen das 10- bis 20-fache der normalen Blutmenge, um das Glied versteifen zu lassen, und wenn nicht genügend Blut zur Verfügung steht, kann die sexuelle Lust noch so groß sein – es kommt zu keiner Erektion. Wenn die Arterien einmal eng sind, kommt oft noch ein weiterer Faktor dazu: die symptomatische Behandlung mit blutdrucksenkenden Medikamenten verringert die Durchflussmenge noch mehr.

Auch kurzfristig kann Kochsalz die Libido senken. Ein salzreiches Mahl oder größere Mengen Knabberartikel vor dem Liebesakt verengen die Blutgefäße, wodurch weniger Blut durch die Arterien fließen kann. Außerdem wird durch salzreiche Mahlzeiten zuviel Wasser im Verdauungstrakt gebunden[38. Fitnesswelt – News, „Trinken gegen Impotenz“, 28.01.2010, Internet: http://www.fitnesswelt.de/news/22459 (Stand: 07.2011).], und wegen des Flüssigkeitsmangels werden weniger Sexualhormone gebildet.

Ein zu geringer Natriumgehalt im Körper ist aber ebenfalls ungünstig, da es das sexuelle Verlangen dämpfen und Erektionsschwierigkeiten auslösen kann. Wasser plus geringe Mengen an Salz sind eine unanbdinbare Voraussetzung dafür, dass sich die Schwellkörperarterien im Schambereich füllen können.

 


5.5   Ödeme


 

Siehe Kapitel: Wasserhaushalt, Zellstoffwechsel und Ödeme

 


5.6   Linksherzschwäche


 

In diesem Fall ist die linke Herzhälfte nicht mehr in der Lage, das von der Lunge kommende, sauerstoffreiche Blut in den Körper zu pumpen. Dadurch steigt der Blutdruck in den Lungengefäßen, und wegen der gestauten Gefäße werden flüssige Anteile des Blutes (vor allem Wasser) in die Lungenbläschen und Atemwege gepresst. Zunächst entwickelt sich eine linkskardiale Lungenstauung und im weiteren Verlauf ein Lungenödem. Atemnot und Leistungsschwäche werden dadurch dramatisch verstärkt. Bei chronischer Wasseransammlung im Lungenkreislauf wird auch die rechte Herzhälfte belastet, und es kann sich zusätzlich eine Rechtsherzschwäche entwickeln.

Eine weitere Folge der Linksherzschwäche ist eine Mangeldurchblutung der Nieren, wodurch der Körper weniger Salz und Wasser ausscheiden kann.

 


5.7   Rechtsherzschwäche


 

Während die linke Herzhälfte sauerstoffreiches Blut aufnimmt und damit alle Blutgefäße versorgt, (hellrote Farbe), nimmt die rechte Herzhälfte „verbrauchtes“ und damit sauerstoffarmes Blut auf (dunkelrote Farbe) und pumpt es in den Lungenkreislauf, wo es sich wieder mit Sauerstoff anreichert. Ist die rechte Herzhälfte dazu nicht mehr in der Lage, staut sich das Blut vor dem Herzen und wird zurück in die Körpervenen gedrückt. Dadurch erhöht sich der Venendruck, und auch in diesem Fall werden flüssige Bestandteile des Bluts ins Gewebe gedrückt. Eine Rechtsherzschwäche fördert hauptsächlich Wasseransammlungen in den Beinen, in der Bauchhöhle (Aszites) und im Brustkorb zwischen dem Rippenfell und der Lunge (Pleuraerguss).

Nach oben

6.   Wie man aus Erwachsenen Dauerpatienten macht
abstand

 


6.1   Die medikamentöse Behandlung


In diesem Kapitel wird ein Grundproblem der medizinischen Behandlung besprochen: Jeder möchte die bestmögliche medizinische Versorgung und eine schnellstmögliche Medikamentenwirkung. Es stellt sich in diesem Zusammenhang aber die Frage, ob durch Blutdrucksenker der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben wird.
abstandBlutdruck_Medikamente_Salz

 

Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, nehmen die meisten Bluthochdruckpatienten nicht nur ein Medikament ein, sondern es wird an vielen Fronten gleichzeitig gekämpft. Dazu nutzt die Pharmaindustrie die Stellschrauben Unterdrückung, Blockade und den Einfluss auf körpereigene Hormone und Neurotransmitter.

 

Bluthochdruck_Medikamente

 

Quelle: nach den Hypertonie-Leitlinien der Hochdruckliga, AWMF-Leitlinien-Register Nr. 046/001 (2003)

Dieses Behandlungsschema hat sich ohne Zweifel bewährt. Die Tücke liegt aber darin, dass es kurzfristig zwar wunderbar funktioniert, langfristig aber genau das Gegenteil bewirken kann.


6.1.1   Beta-Blocker

Sie sind einer der größten Umsatzträger der Pharmaindustrie und werden vor allem bei Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und zur Vorbeugung von Herzinfarkten verschrieben.

Aufgabe: die Pumpleistung des Herzens und damit den systolischen Blutdruck reduzieren.

Die Wirkungsweise beschreibt Wikipedia folgendermaßen:

zitat_b_50Betablocker hemmen die aktivierende Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin auf die β-Adrenozeptoren, wodurch der stimulierende Effekt des Sympathikus auf die Zielorgane, vornehmlich das Herz, gedämpft wird.
Das hört sich kompliziert an – und ist es auch, da man hier tief in den Hormonhaushalt eingreift.


Mögliche Nebenwirkungen


a) Schlafstörungen, Durchschlafstörungen, Alpträume

Beta-Blocker vermindern die Freisetzung des Zirbeldrüsenhormons Melatonin, das einen enormen Einfluss auf das Immunsystem hat und als Zeitgeber den Schlafrhythmus steuert. Es gibt eine Vielzahl von Studien, die belegen, dass Schlafmangel bzw. eine schlechte Schlafqualität für zahlreiche Gesundheitsstörungen verantwortlich sind.

Der Mediziner Kazuo Eguchi von der Jichi-Universität in Tochigi (Japan) untersuchte dies im Zusammenhang mit herzbedingten Todesfällen. An der Studie nahmen 1.255 Probanden mit einem Durchschnittsalter von 70,4 Jahren teil. Der Beobachtungszeitraum betrug 50 Monate. Als Ergebnis stellte Dr. Eguchi fest, dass die Herzinfarkt- und Schlaganfallquote um 68 % höher lag, wenn die Teilnehmer mit weniger als 7,5 Stunden Schlaf auskommen mussten.[66. Kazuo Eguchi et al., „Short Sleep Duration as an Independent Predictor of Cardiovascular Events in Japanese Patients With Hypertension“, Arch Intern Med. 2008;168(20):2225-2231. Internet: http://archinte.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=414600 (Stand: 10.2014).]
b) Energiemangel

Eine weitere Wirkung von Beta-Blockern ist die hemmende Wirkung auf die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin. Das hört sich zunächst positiv an, hat aber nichts damit zu tun, dass wir dadurch entspannter durchs Leben laufen würden. Wir benötigen diese Botenstoffe, damit Fett- und Glucosevorräte möglichst schnell zur Energieproduktion zur Verfügung stehen. Das sorgt für Wachheit und eine hohe Reaktions- und Leistungsfähigkeit und eine hohe Belastbarkeit.

Prof. Dr. Arya M. Sharma erforschte während seiner Zeit an der Charité Berlin anhand der Analyse von acht veröffentlichten Studien den Zusammenhang zwischen Übergewicht, Bluthochdruck und der Einnahme von Bluthochdruckmitteln. Bei Beta-Blockern war die wechselseitige Beeinflussung eindeutig: Diejenigen Patienten, die sie schluckten, nahmen in den ersten Monaten bis zu 3,5 Kilogramm zu und wurden die überflüssigen Pfunde auch nicht wieder los.

Als potentielle Gründe gibt Dr. Sharma an:

  • häufiger auftretende Müdigkeit und dadurch weniger körperliche Aktivität
  • Leistung des Energiestoffwechsels: −4-9 %
  • Wärmeentwicklung auf eine kohlehydrathaltige Mahlzeit: −25 %
  • Grundumsatz bei übergewichtigen Bluthochdruckpatienten: −12 %

So reduzieren Beta-Blocker zwar das Symptom Bluthochdruck, aber Schlafmangel, Übergewicht und geringere körperliche Leistungsfähigkeit sind Risikofaktoren für Herzerkrankungen.


6.1.2   Thiazid- und Schleifendiuretika

Wirkung: Diuretika (Entwässerungsmittel) regen die Harnproduktion an. Dadurch verringern sich die Wasserbelastung und die Natriumkonzentration im Gefäßsystem.

Mögliche Nebenwirkungen: Diuretika haben wie Abführmittel den Nachteil, dass sie auch die Ausscheidung von wasserlöslichen Vitaminen und Mineralien wie Kalium , Magnesium und Calcium fördern.

Oft führt dies in einen Teufelskreis:

Sie leiden z. B. an Verstopfung oder einer Herzschwäche mit Wasseransammlung

Sie nehmen bei Bedarf abführende bzw. harntreibende Mittel

Der Kalium- und Magnesiummangel wird forciert,
was die Symptome verstärkt

Dadurch müssen Sie ständig abführende bzw. harntreibende Mittel einnehmen

auf Dauer führt dies unweigerlich zu chronischer Darmträgheit
und chronischer Wassereinlagerung im Gewebe

Folgen von Elektrolytstörungen im Herz-Kreislauf-System sind Probleme bei der Blutdruckregulation, Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche, höhere Stressempfindlichkeit, Probleme im Energiestoffwechsel und damit Müdigkeit und Muskelschwäche.


Eine Therapie muss daher immer berücksichtigen, dass ein Mineralienmangel inzwischen die eigentliche Ursache für chronische Wassereinlagerungen oder andere Symptome und Krankheiten sein kann.


6.1.3   ACE-Hemmer

Wirkung: ACE-Hemmer blockieren in der Niere die Aktivität des Angiotensin-konvertierenden Enzyms. Dies führt zu einer Abnahme der Angiotensin-II-Konzentration (ein Peptid-Hormon). Dadurch verengen sich die Gefäße weit weniger, und der Blutdruck sinkt. Außerdem wird die Produktion des Steroidhormons Aldosteron vermindert, wodurch die Natrium- und die Wasserausscheidung gesteigert wird.

Mögliche Nebenwirkungen: zu starker Blutdruckabfall, trockener Reizhusten, Schwindel, Müdigkeit, Herzklopfen, Leber- und Nierenschäden.

Eine Weiterentwicklung der ACE-Hemmer sind AT1-Antagonisten (Angiotensin-Rezeptorblocker, Sartane). Diese haben die gleiche blutgefäßerweiternde Wirkung, aber die Nebenwirkung „trockener Reizhusten“ tritt deutlich seltener auf.


6.1.4   Calciumantagonisten

Wirkung: Antagonisten sind Gegenspieler; in diesem Falle reduzieren sie den Einstrom von Calcium ins Innere der Muskelzelle, indem sie den dafür zuständigen Ionenkanal blockieren. Die glatte Gefäßmuskulatur erschlafft → die Blutgefäße erweitern sich → der Blutdruck sinkt. Außerdem gibt es Calciumantagonisten, die zusätzlich den Herzschlag verlangsamen, sodass das Herz wie bei den Beta-Blockern ständig im „Schongang“ schlägt.

Mögliche Nebenwirkungen: Müdigkeit, Kopfschmerzen, Beinödeme, Herzrhythmusstörungen, Verstopfung, vermehrte allergische Reaktionen, Gesichtsrötung, Wärmegefühl im ganzen Körper, Impotenz.
abstand


6.2   Worauf läuft die Aufzählung hinaus?


abstandMedikamente sind auf Dauer eine unbefriedigende, wenn nicht gar gefährliche Lösung für Bluthochdruck. Schon die Einnahme eines einzigen Medikaments kann den Stoffwechsel belasten. Bei Bluthochdruck sind es jedoch oftmals 3 oder sogar 5 Medikamente – und wenn ein Patient noch unter anderen Krankheiten leidet, kommen noch weitere hinzu. Leider werden Nebenwirkungen ganz bewusst in Kauf genommen, da man davon ausgeht, dass das Risiko für einen lebensbedrohlichen Schlaganfall oder Herzinfarkt sinkt.

Folgen:

  • Zu den bekannten Nebenwirkungen, die auf dem Beipackzettel aufgeführt sind, kommen noch schwer einschätzbare Medikamenten-Wechselwirkungen hinzu.
  • Das Auftreten von unerwünschten Arzneimittelwirkungen und den daraus resultierenden Folgen steigt nicht gleichmäßig an, sondern überproportional mit der Anzahl der eingenommenen Medikamente.
  • Sind die Symptome von unklarer Natur, ist der deprimierende Kommentar oft „damit müssen Sie leben“, „das gibt sich mit der Zeit, wenn man sich an das Medikament gewöhnt hat“, „das ist Teil Ihrer Krankheit(en)“ oder „das ist eine normale Alterserscheinung“.

Solche Zusammenhänge sind zwar bekannt, dennoch werden viele Patienten wie Versuchskaninchen behandelt. Es ist daher so etwas wie ein 24-Stunden-Drahtseilakt, wenn man versucht, sich mit einem Medikamenten-Cocktail zu arrangieren.

 


6.3   Verlassen Sie sich als junger Mensch nicht auf Grenzwerte!


 

Die European Society of Hypertension (ESH) und die Deutsche Hochdruckliga (DHL) / Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention unterteilen eine arterielle Hypertonie wie folgt[69. Universitätsklinikum Düsseldorf, „Aktuelle Leitlinien der Hochdrucktherapie“, Internet: www.uniklinik-duesseldorf.de (Stand 03.2011).]:

Einstufung

systolisch
(mmHG)

diastolisch

(mmHG)

Fach-
bezeichnung

optimal

< 120

< 80

normoton

normal

120 – 129

80 – 84

hoch-normal

130 – 139

85 – 89

Hypertonie Schweregrad 1*

140 – 159

90 – 99

hyperton

Hypertonie Schweregrad 2

160 – 179

100 -109

Hypertonie Schweregrad 3

≥ 180

>  110

nur systolische   Hypertonie

≥  140

<  90

 

* der jeweils höhere Wert (systolisch oder diastolisch) bestimmt den Schweregrad der Hypertonie

Liegt keine Herz-, Nieren- oder Diabeteserkrankung vor, gilt Bluthochdruck erst ab einem Grenzwert von 140 mmHg systolisch und 90 mmHg diastolisch als behandlungsbedürftig. Es ist durchaus sinnvoll, wenn man den Blutdruck auf natürliche Weise senkt. Dieser Grenzwert kann aber auch als „es ist alles noch im Rahmen“ verstanden werden.

Prof. Dr. Rainer Düsing vom Universitätsklinikum Bonn gibt zu bedenken, dass die Prävention bereits vorher beginnen sollte.[70. Gudrun Heyn, „Kein stiller Killer“, Pharmazeutische Zeitung Ausgabe 28/2008, Internet: http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=6172 (Stand: 10.2014).]

systolischer
BD (mmHg)

Mortalitätsrisiko*

diastolischer
BD
(mmHg)

Mortalitätsrisiko*

115

normal

75

normal

135

doppelt so hoch

85

doppelt so hoch

155

doppelt so hoch

95

doppelt so hoch

175

doppelt so hoch

105

doppelt so hoch

200

doppelt so hoch

120

doppelt so hoch

* Sterblichkeitsrisiko im Vergleich zur jeweils vorhergehenden Spalte

Wichtig! Bei dieser Aufstellung muss man berücksichtigen, ob es sich um einen jungen oder um einen älteren Hypertoniker handelt.

Ein jahrzehntelang erhöhter Blutdruck bewirkt massive chronische Gefäßschäden, und die dauerhaft erhöhte Pumpleistung überfordert das Herz und führt im Alter zu Herzschwäche. Je früher man deshalb mit Maßnahmen zur Blutdruckreduktion beginnt, desto mehr profitiert man davon im Alter.

Bei älteren Menschen liegt der Fall etwas anders: Bereits manifestierte Schäden führen dazu, dass bei normalem Blutdruck nicht mehr alle Zellen ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Wird der Blutdruck zu stark abgesenkt, z. B. unter 140/90 mmHg, kann dies dazu führen, dass herzferne Gewebe nicht mehr ausreichend versorgt werden. Schmerzen, mangelnde Wärmeregulation in den Gliedmaßen (z. B. ständig kalte Füße) und kognitive Probleme sind besonders häufige Folgen. Im Extremfall ist der Blutdruck „optimal“ eingestellt – und der Patient verliert jegliche Lebensfreude, dämmert aus Energiemangel vor sich hin oder fällt aufgrund einer Schwindelattacke ein Treppe herunter.

 


6.5   Tabletten statt Ernährungsberatung


 

Ich möchte Sie hier keinesfalls zum unkontrollierten Absetzen der Medikamente ermutigen! Generell sollte sich ein Patient gut beraten lassen. Leider werden aber wegen knapper Krankenkassenvorgaben im Minutentakt Diagnosen erteilt und Therapien verordnet. Nach dem „GEK-Report ambulant-ärztliche Versorgung 2008“[71. Thomas G. Grobe, Hans Dörning, Friedrich W. Schwartz, „GEK-Report ambulant-ärztliche Versorgung 2008. Schwerpunkt: Erkrankungen und zukünftige Ausgaben“, GEK-Edition. Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse, Band 67. GEK – Gmünder Ersatzkasse, St. Augustin: Asgard, 2009. Internet: http://presse.barmer-gek.de/barmer/web/Portale/Presseportal/Subportal/Presseinformationen/Archiv/2009/090115-GEK-Report-ambulant-aertzliche-Versorgung/PDF-GEK-Report-ambulant-aerztliche-Versorgung,property=Data.pdf (Stand: 10.2014).] gab es 2007 in Deutschland 17,9 Arztkontakte pro Einwohner. Auf das Jahr hochgerechnet sind das 1,48 Milliarden Arztbesuche, die die etwa 137.000 niedergelassenen Ärzte zu bewältigen hatten.

zitat_b_50Die Barmer Ersatzkasse kommt deshalb zu dem Schluss, „knappe Beratungszeiten und steigende Arzneimittelverordnungen seien da kaum verwunderlich“[72. Pressemitteilung der Barmer GEK, „GEK-Report ambulant-ärztliche Versorgung“, 15.01.2009.]. Das bedeutet aber auch, dass viele Medikamente nur aus Zeitknappheit verschrieben werden.

Wer in Stoßzeiten bis zu 70 Patienten am Tag betreuen muss*, hat in aller Regel auch keinen Freiraum mehr für eine Ernährungsberatung – und vorgesehen ist sie auch nicht.

*Montags ist mit Abstand der größte Andrang in den Arztpraxen. Im Durchschnitt behandelt ein Arzt etwa 38 Patienten pro Tag.

zitat_b_50Ein Arzt, der in den Räumen seiner Praxis eine gewerbliche Ernährungsberatung durchführt, handelt weder berufsrechtswidrig noch wettbewerbswidrig, wenn er diese Tätigkeit im Übrigen von seiner freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit in zeitlicher, organisatorischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht getrennt hält.

Dieses Bundesgerichtshof-Urteil vom 29.05.2008 (I ZR 75/05) zeigt, welchen Stellenwert die Ernährung im Vergleich mit der normalen Arzttätigkeit hat.


Dennoch sollte man als Arzt oder Apotheker niemals den dritten Absatz des hippokratischen Eids vergessen:

gesundheit_b_50Diätetische Maßnahmen werde ich zum Nutzen der Kranken entsprechend meiner Kraft und meinem Urteilsvermögen anwenden; vor Schaden und Unrecht werde ich sie bewahren.

Anmerken muss man allerdings, dass wir das Recht auf freie Informationen haben – und natürlich auch die Möglichkeit, eigenverantwortlich etwas zu ändern. Wie bereits erwähnt, sind wir für die Auswahl eines guten Arztes, Therapeuten oder Ernährungsberaters selbst verantwortlich. Und für unsere tägliche Ernährung ohnehin.

Nach oben

7. Die Bedeutung von Kalium und Magnesium


abstand
Verantwortungsbewusste Ärzte empfehlen zwar, den Salzkonsum zu senken, ignorieren aber oft, dass Kalium und Magnesium in der Lage sind, die Schädlichkeit von Salz zu vermindern und dessen Ausscheidung zu fördern. Außerdem kann ein Mangel dieser beiden Mineralien, unabhängig vom Salzkonsum, zu Herz-, Nerven- und Gefäßstörungen führen.

Prof. Dr. med Andreas Götte von der Deutschen Herzstiftung e. V. empfiehlt Herzkranken in folgenden Fällen die regelmäßige Kontrolle des Magnesium- und Kaliumspiegels:

  • bei einer zusätzlichen Nierenerkrankung,
  • bei der Einnahme folgender Medikamente: Entwässerungsmittel, ACE-Hemmer, Sartane, Aldosteronantagonisten, Digitalispräparate,
  • bei Herzschwäche,
  • bei Herzrhythmusstörungen.
    abstand

 


7.1   Kalium



abstand
Auf eine einfache Formel gebracht, ist Kalium das „Gegengift“ zu Kochsalz und kann die negativen Folgen eines überhöhten Konsums minimieren.

  • Die Emory University (Atlanta, USA) und die Harvard School of Public Health (Boston, USA) verfolgten über einen Zeitraum von fast 15 Jahren den Zusammenhang zwischen der Ernährung, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der Sterblichkeitsrate von 12.267 Erwachsenen in den USA[73. Quanhe Yang, Tiebin Liu, Elena V. Kuklina et al., „Sodium and Potassium Intake and Mortality Among US Adults“, Arch Intern Med. 2011;171(13):1183-1191. Internet: http://archinte.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=1106080 (Stand: 10.2014).]. Die Natriumzufuhr der Männer betrug durchschnittlich 4.323 Milligramm pro Tag, die der Frauen 2.918 Milligramm. Auch das Natrium/Kalium-Verhältnis lag Männern höher als bei Frauen (1,31 gegenüber 1,23). Insgesamt dokumentierten die Forscher 2.270 Tote, darunter 1.268 im Zusammenhang mit dem Herz-Kreislauf-System.Ergebnis: Im Vergleich mit Personen mit dem niedrigsten Natrium/Kalium-Verhältnis (weniger Natrium und mehr Kalium) hatte die Gruppe mit dem höchsten Natrium/Kalium-Verhältnis ein wesentlich höheres Sterblichkeitsrisiko. Insgesamt und aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen (CVD) lag es um 50 Prozent höher. Patienten mit einer ischämischen Herzkrankheit (KHK) hatten sogar ein doppelt so hohes Risiko.
  • In einer taiwanesischen Studie konnte nachgewiesen werden, dass das Ersetzen von Kochsalz durch Kalium-angereichertes Mineralsalz (49% NaCl, 49 % KCl) das Sterblichkeitsrisiko von älteren Menschen wesentlich senken kann.[74. Hsing-Yi Chang, Yu-Whuei Hu, Ching-Syang Jack Yue, Yu-Wen Wen et al., „Effect of potassium-enriched salt on cardiovascular mortality and medial expenses of elderly men“, Am J Clin Nutr 2006; 83: 1289-96. Internet: http://ajcn.nutrition.org/content/83/6/1289.full.pdf (Stand: 10.2014).]  Die ÄrzteZeitung schreibt hierzu: „Nach 31 Monaten lag die adjustierte kardiovaskuläre Mortalität in der Kochsalz-reduzierten Gruppe um 41 Prozent niedriger als in der Kontrollgruppe mit unveränderter Kochsalzzufuhr.“[75. Dieter Klaus, Joachim Hoyer, Martin Middeke, „Kochsalzrestriktion zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen“, Dtsch Arztebl Int 2010; 107(26): 457-62. Internet: http://www.aerzteblatt.de/pdf/107/26/m457.pdf; doi: 10.3238/arztebl.2010.0457, S. 458.]
  • Die DASH-Studie[76. Frank M. Sacks et al., „Effects on Blood Pressure of Reduced Dietary Sodium and the Dietary Approaches to Stop Hypertension (DASH) Diet“, The New England Journal of Medicine 2001, Vol. 344:3-10. Internet: http://www.columbiamedicine2.org/site/education/r/Cardiology/Outpatient-Prevention/HTN%20and%20Hyperlipidemia/DASH.pdf (Stand: 10.2014).] (Dietary Approaches to Stop Hypertension) hat gezeigt, dass die Kombination aus einer kaliumreichen Ernährung mit viel Obst und Gemüse und reduziertem Salzkonsum einen größeren Effekt auf den Blutdruck hat als jede andere Einzelmaßnahme.[77. Menno Pruijim, Pedro-Manuel Marques-Vidal, Michel Burnier, „Kaliumzufuhr und DASH-Diät“, Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin, 05.2009, S. 36.] Der Anteil von Kalium lag bei 3,9g täglich, der von Natrium bei 3,0, 2,4 oder 1,5 g (das entspricht 7,6, 6,1 bzw. 3,8 g Kochsalz). Selbst bei einer Kochsalzzufuhr von 7,6 g konnte der Blutdruck deutlich gesenkt werden. Das zeigt, wie sehr Kalium die negativen Wirkungen von Natrium unterbinden kann. Die Kochsalzeinschränkung auf etwa 3,8 g/Tag entsprach dabei in etwa einer medikamentösen Behandlung mit einem blutdrucksenkenden Medikament.

DASH_Diaet_Kochsalz_Kalium
abstand


7.2   Magnesium



abstand
Magnesium nimmt wie Kalium eine Schlüsselstellung für das Funktionieren des Herz-Kreislauf-Systems ein.


7.2.1   Herzrhythmus:
Wie bei jedem anderen Muskel, müssen zur Aktivierung des Herzens elektrische Impulse über die Nerven von Muskelzelle zu Muskelzelle weitergeleitet werden. Fehlen Kalium und/oder Magnesium, führt dies zu Herzrhythmusstörungen, die das Herz auf Dauer sehr belasten.

7.2.2   Stressbedingte Schäden: Magnesium gilt nicht umsonst als unser wichtigstes „Stressmineral“.

zitat_b_50Nach Prof. Dr. Classen kann sich Stress bei gleichzeitigem Magnesiummangel fatal auf die Gesundheit auswirken, weil sich dadurch ein Teufelskreis entwickelt: „Magnesiummangel potenziert die Freisetzung und Toxizität von Stress-Hormonen wie Adrenalin – und diese wiederum verstärken Magnesiumverluste über den Urin.“

Auch Elektrolytverschiebungen scheinen eine große Rolle zu spielen. 

zitat_b_50Dr. Irmgard Niestroj gibt in dem Buch Praxis der Orthomolekularen Medizin folgendes zu bedenken: „Unter Stressbelastung kommt es dann zu noch ausgeprägteren Verschiebungen mit erhöhten Kalzium- und Natriumkonzentrationen im Myokard* bei Magnesium- und Kaliummangel. Die Myokardkonzentration von Kalzium stieg um 19-46 %, die von Magnesium und Kalium sank um 17-28 %.“[78. Irmgard Niestroj, Praxis der Orthomolekularen Medizin: Physiologische Grundlagen, Hippokrates (2001), S. 24.] 

* im Herzmuskel

Im Tierversuch konnte nachgewiesen werden, daß durch einen Magnesiummangel die Atherosklerose beschleunigt wird, bzw. daß sich durch eine ausreichende Magnesiumzufuhr der Prozeß verlangsamen kann. Autopsien an Menschen, die an einem Herzinfarkt gestorben sind, haben gezeigt, daß im betroffenen Areal eine drastisch verringerte Magnesiumkonzentration vorlag, während der Calciumspiegel erhöht war. 

Die daraus resultierenden Folgen im Zusammenhang mit Stress sind die Zunahme von oxidativem Stress, Nervosität und Schlafstörungen, was langfristig zu Gefäßverengung, Bluthochdruck, Herzrasen, Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen führen kann.

7.2.3   Metabolisches Syndrom: Dr. Ka He und seine Kollegen von der Northwestern University in Chicago untersuchten den Zusammenhang zwischen der Magnesiumaufnahme und dem metabolischen Syndrom (dem gemeinsamen Auftreten von Fettleibigkeit, Bluthochdruck, negativen Blutfettwerten und Insulinresistenz).[79. Ka He, Kiang Liu, Martha L. Daviglus et al. (2006), „Magnesium intake and incidence of metabolic syndrome among young adults“, Circulation 113: 1675-1682. Internet: http://store.magtabsr.com/content/dr-resources-pdfs/Circulation-Magnesium-Metabolic.pdf (Stand: 10.2014).]  An der Untersuchung nahmen 4.637 US-Amerikaner im Alter von 18 bis 30 Jahren teil, die zu Studienbeginn keine Beschwerden hatten. Innerhalb der folgenden 15 Jahre wurde bei 608 Teilnehmern das metabolische Syndrom diagnostiziert. Unabhängig von Geschlecht, Rasse oder BMI hatten Personen mit der geringsten Magnesiumaufnahme ein deutliches größeres Erkrankungsrisiko als diejenigen mit der höchsten Magnesiumaufnahme (Hazard-Ratio*: 0,69).

* Hazard-Ratio (externer Link)

7.2.4   Fettstoffwechsel: Magnesium wirkt entscheidend am Energie- und Fettstoffwechsel mit. Einerseits benötigt der Stoffwechsel ausreichend Magnesium, damit Fett überhaupt verbrannt werden kann, andererseits senkt es den Gesamt-Cholesterinspiegel und erhöht den Anteil des „guten“ HDL-Chosterins.[80. Michael Zimmermann, Burgersteins Mikronährstoffe in der Medizin. Prävention und Therapie. Ein Kompendium, Hau (2003), S. 207.]

7.2.4   Als Gegenspieler von Calcium: Magnesium wirkt am Herzen und in den Blutgefäßen als Antagonist von Calcium. Während Calcium zu einer Kontrektion der Muskelzellen der Blutgefäße führt (fördert Bluthochdruck), wirkt Magnesium gefäßerweiternd. Auch die Herzmuskelzellen benötigen Magnesium, da ein Calcium-Überschuss zu Herzrhythmusstörungen führen kann.

7.2.5   Schutz vor Umweltgiften: Für Stoffwechselgifte, die z. B. durch die Energieproduktion und ‑freisetzung entstehen, hat der Körper wirksame Entgiftungssysteme entwickelt. Die zusätzliche Entgiftung von Schwermetallen, Zigarettenrauch und anderen Umwelttoxinen kann dagegen Probleme bereiten, da sie über verschiedene Mechanismen* den Herzmuskel und die Gefäßwände schädigen können. Magnesium schützt vor Schwermetallen wie Arsen, Beryllium, Chrom, Blei, Quecksilber und Nickel.

* Nach dem Facharzt für Allgemeinmedizin und Direktor des International Board of Clinical Metal Toxicology, Peter Jennrich, führen Schwermetalle u. a. zu Störungen im Mineralhaushalt und Energiestoffwechsel, Zell-, Gewebs- und Gefäßschädigungen durch freie Radikale, Hypercholesterinämie und funktionellem NO-Mangel.

7.2.6   Koronare Herzkrankheit: Im Rahmen einer auf 10 Jahre angelegten randomisierten Studie, untersuchte der Ernährungswissenschaftler und Kardiologiespezialist Dr. Ram B. Singh die Auswirkung einer magnesiumreichen Ernährung. Ausgesucht wurden 400 Hochrisikopatienten im Alter von 25 bis 63 Jahren, wobei der Großteil Männer waren (n = 374). Die Studienteilnehmer konnten wählen, ob sie sich in Zukunft mit magnesiumreichen Lebensmitteln ernähren (Gruppe A, n = 206) oder ihr bisheriges Ernährungsverhalten beibehalten wollten (Gruppe B, n = 194). Beide Gruppen hatten in etwa die gleiche Zusammensetzung in Hinsicht auf Alter, Geschlecht und Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, überhöhten Cholesterinspiegel, verschiedene koronare Herzerkrankungen, Entwässerungstherapien, Übergewicht, Bewegungsmangel und Suchtmittelmissbrauch (Rauchen und Alkohol).

Gruppe A erhielt zu Beginn der Studie eine umfassende Ernährungsberatung. Alle 400 Teilnehmer mussten Ernährungstagebücher führen und Fragebögen ausfüllen, damit man die Einhaltung der Diät beurteilen konnte. Darüber hinaus wurde in beiden Gruppen regelmäßig der Serum-Magnesium-Spiegel überprüft.

Die Ernährungsumstellung von Gruppe A erfolgte vor allem durch einen höheren Anteil an magnesiumreichen Produkten (Früchte, Gemüse, unraffiniertes Getreide, Nüsse).

 

Gruppe A

Gruppe B

Diät-Zusammensetzung / Tag (kcal)

Magnesium-
reiche Diät

übliche Diät

komplexe Kohlenhydrate

50,0

38,4

raffinierte Kohlenhydrate

6,0

18,2

Proteine

15,5

15,4

Fett

26,5

28,0

Cholesterol (mg/kg)

235,0

305,5

Ballaststoffe

47,6

26,7

Mineralien (mg/Tag)

Natrium

2010

3180

Kalium

3080

548

Calcium

880

512

Magnesium

1142

418

Phosphor

910

950


Wie man an der Aufstellung sieht, veränderte sich durch die Ernährungsumstellung auch die Zufuhr anderer Ernährungsbestandteile. Es wurde weniger Natrium und Cholesterol aufgenommen und dafür deutlich mehr Ballaststoffe, Kalium und Magnesium.

Nach zehn Jahren wurden in einer Rückschau die gesundheitlichen Zwischenfälle im Herz-Kreislauf-System und die Anzahl der Todesfälle (Mortalität) ermittelt. Die Ergebnisse sprechen für sich:

Gruppe A

Gruppe B

Komplikationen

Herzinfarkt

5

16

Herzrhythmusstörung, mit medikamentöser Behandlung

6

12

Linksherzbelastung oder ‑vergrößerung

20

45

Angina pectoris mit medikamentöser Behandlung

12

31

Schlaganfall

4

8

Erkrankung des Herzmuskels

2

5

Anzahl der Todesfälle

 

 

plötzlicher Herztod (SCD)

16

24

Tod durch Herzinfarkt

3

6

Tod infolge anderer Gründe

3

4

7.2.7   Schutz vor plötzlichem Herztod (Sudden Cardiac Death, SCD): Mit 1- bis 200.000 Betroffenen ist der plötzliche Herztod (PHT) eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Er tritt entweder unmittelbar nach dem Beginn der akuten Beschwerden ein (Sekundentod, spontaner Herzstillstand) oder innerhalb der ersten 24 Stunden. In den meisten Fällen ist das plötzliche Herzversagen unvorhersehbar, aber nicht ohne Vorgeschichte, da die Betroffenen oft seit längerem an Herz-Kreislauf-Beschwerden leiden. Es gibt aber auch zahlreiche Fälle, in denen es scheinbar völlig gesunde Menschen, Jugendliche oder Sportler trifft. Fasst man den Begriff „plötzlicher Herztod“ weit, kann ein Herzinfarkt oder ein Stromschlag die Ursache sein. In der engen Auslegung ist es die Folge von Kammerflimmern (extrem beschleunigter Herzrhythmus mit bis zu 500 Schlägen pro Minute) oder einer schweren Herzrhythmusstörung (ventrikuläre Tachykardie). Dies schränkt die Pumpfähigkeit des Herzens so stark ein, dass der Kreislauf innerhalb von Sekunden zusammenbricht. Dann ist absolute Eile geboten, denn unbehandelt verliert man zunächst das Bewusstsein, nach 3 bis 5 Minuten muss man mit bleibenden Schäden rechnen, und nach ca. 10 Minuten führt die fehlende Blutversorgung zum Hirntod. Die erfolgversprechendsten Akutmaßnahmen sind die Herzdruckmassage und der Einsatz eines Defibrillators (Schockgeber)*.

* Mit dem starken Stromstoß im Brustbereich will man erreichen, dass das Herz wieder regelmäßig schlägt oder nach dem Stillstand wieder zu schlagen beginnt. Inzwischen gibt es auch Defibrillatoren für Laien, mit denen man ohne Vorkenntnisse Erste Hilfe leisten kann.

Magnesium zur Vorbeugung: Die 2011 veröffentlichte Studie „Plasma and dietary magnesium and risk of sudden cardiac death in women“ nutzt die Daten der „Nurses Health Study“. Von 1980 an wurde von insgesamt 88.375 gesunden Frauen regelmäßig per Fragebogen die Magnesiumzufuhr ermittelt. In den folgenden 26 Jahren verstarben 505 Teilnehmerinnen durch plötzlichen Herztod.

Die Wissenschaftler stellten fest, dass Frauen mit einer hohen Zufuhr von Magnesium ein um 37 % niedrigeres Herztodrisiko hatten als Frauen, bei denen der Anteil in der Ernährung niedrig war. Von insgesamt 99 Toten lagen auch die Plasma-Magnesiumwerte vor. Zur Gegenüberstellung wurden 291 gesunde Kontrollpersonen herangezogen, die bezüglich Alter, Geschlecht und kardiovaskulären Risikofaktoren vergleichbar waren. Es ergab sich eine umgekehrt lineare Beziehung zum plötzlichen Herztod: auch hier war das Sterblichkeitsrisiko bei einer magnesiumreichen Ernährung signifikant geringer. Mit jeder Erhöhung des Plasma-Magnesium-Spiegels um 0,25 mg/dl war ein um 41 % geringeres PHT-Risiko verbunden.

7.2.8   Schlaganfallrisiko: Tetsuya Ohira von der Universität von Minnesota (USA) untersuchte den Zusammenhang zwischen einer hohen Magnesiumzufuhr und dem Schlaganfallrisiko. Er verwendete die Daten von 14.221 Frauen und Männern im Alter zwischen 45 und 64 Jahren, die von 1987 bis 1989 an der ARIC-Studie (Atherosclerosis Risk in Communities Study) teilgenommen hatten. Innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren erlitten 577 von ihnen einen Schlaganfall aufgrund einer plötzlichen Minderdurchblutung des Gehirns (ischämischer Schlaganfall). Das Ergebnis: Ein niedriger Magnesium-Blutspiegel kann das Risiko für einen Schlaganfall um 25 % erhöhen.

Die finnische Kohortenstudie von 1985 bis 2004[81. Susanna C. Larsson et al., „Magnesium, Calcium, Potassium, and Sodium Intakes and Risk of Stroke in Male Smokers“, Circulation, 2006 Apr 4;113(13):1675-82. Epub 2006 Mar 27. Internet: http://nanotuz.com/akademikyeni/Magnesium,%20Calcium,%20Potassium%20and%20Sodium%20Intakes%20and%20Risk%20of%20Stroke%20in%20Male%20Smokers.pdf (Stand: 10.2014).] erforschte, ob es einen Zusammenhang zwischen Mineralienaufnahme, Schlaganfall und Rauchen gibt. Es nahmen 26.556 männliche Raucher im Alter von 50 bis 69 Jahren teil, die zu Studienbeginn noch keinen Schlaganfall gehabt hatten. Als Ergebnis stellten die Wissenschaftler fest, dass eine hohe Magnesiumzufuhr von 589 mg/Tag gegenüber einer Zufuhr von 373 mg/Tag zu einem um 15 % geringeren Hirninfarktrisiko beiträgt.

7.2.9   Schutz der Gefäßwände, höhere körperliche Belastbarkeit, weniger Schmerzen: Wie Kalium, so hat auch Magnesium einen großen Einfluss auf die Gefäßwände. Dies konnte Dr. Michael Shechter in einer randomisierten, doppelblinden, placebo-kontrollierten Studie an 50 Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) nachweisen.[82. Michael Shechter et al., „Oral magnesium therapy improves endothelialfunction in patients with coronary artery
disease“, Circulation 2000; 102: 2353-8. Internet: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11067788 (Stand: 10.2014).] Bei der Gruppe, die mit oral verabreichtem Magnesium behandelt wurde, verbesserte sich die Endothelfunktion gegenüber der Kontrollgruppe signifikant. Dadurch wurde mehr gefäßerweiterndes NO freigesetzt. Als weiteren positiven Effekt hat Magnesium eine antithrombotische Wirkung und beugt damit einem Herzinfarkt bzw. Schlaganfall vor.

In einer zweiten Studie, an der 187 Patienten mit KHK teilnahmen, untersuchte Dr. Schechter die Wirkung von oral verarbreichtem Magnesium auf Alltagsbeschwerden.[83. Michael Shechter et al., „Effects of Oral Magnesium Therapy on Exercise Tolerance, Exercise-Induced Chest Pain and Quality of Life in Patients with Coronary Artery Disease“, Am J Cardiol 2003; 91: 517-21. Internet: http://www.mgwater.com/ft/common_mg/oralmg.pdf (Stand: 10.2014).] Mittels eines ergometrischen Belastungstests (Bruce-Protokoll) und eines Fragebogens zur Lebensqualität wurden mögliche Veränderungen erfasst.

Ergebnis: In der Magnesiumgruppe

  • erhöhte sich der intrazelluläre Mg-Spiegel gegenüber der Kontrollgruppe deutlich,
  • nahm die Belastungstoleranz um 14 % zu,
  • traten signifikant weniger belastungsbedingte Brustschmerzen auf (8 vs. 21 %),
  • verbesserte sich die Lebensqualität deutlich.

7.2.10   Paradontitis: Paradontitis ist eine bakteriell bedingte Entzündung des Zahnhalteapparats, die je nach Ausmaß mit Zahnfleischbluten, Mundgeruch, erhöhter Zahnbeweglichkeit, Zahnfleischrückgang und Knochenverlust einhergehen kann. Sowohl die Erreger wie auch deren Toxine können in den Blutkreislauf gelangen und auf diesem Wege Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen, Frühgeburten, Erkrankungen der Atemwege, entzündlich-rheumatische Erkrankungen und Krebs fördern.[84. Deutsche Gesellschaft für Paradontologie e. V., Paradontitis 2010. Das Risikokompendium, Quintessenz Verlag (2010).]

In der „Study of Health in Pommerania“ (SHIP) untersuchten Wissenschaftler den Einfluss von Magnesium auf Paradontitis. Diese bevölkerungsbezogene, epidemiologische Studie in Mecklenburg-Vorpommern wird seit 1997 durchgeführt und hatte in der ersten, von 1997 bis 2001 durchgeführten Stufe (SHIP-0) 4.310 Teilnehmer im Alter 20 bis 79 Jahren. 60 Personen im Alter von 40-80 Jahren nahmen regelmäßig magnesiumhaltige Nahrungsergänzungsmittel zu sich, was Prof. Dr. rer. nat. Peter Meisel von der Universität Greifswald mit einer Kontrollgruppe (n = 120) verglich. Außerdem wurde noch die Blutkonzentration von Magnesium und Calcium ermittelt.

Die Ergebnisse:

  • Eine hohe Magnesiumkonzentration im Blut war mit einem signifikant besserem Zahnfleischzustand verbunden.
  • Die altersbedingte Zunahme der Zahnfleischprobleme verlief deutlich langsamer.
  • Ein ungünstiges Mg/Ca-Verhältnis mit zuwenig Magnesium verschlechtert den Zustand des Zahnfleischs.

Die Zähnärztin Dr. med. dent. Careen Springmann untersuchte in einer zweiten Nachbeobachtung nach weiteren 5 Jahren (SHIP-1) die Langzeitwirkung der Magnesiumversorgung auf den Zahnhalteapparat. Auch sie stellt fest:

zitat_b_50„Bei Einbeziehung aller bereits erwähnten Risikofaktoren in die Betrachtung des Einflusses des Magnesium/Kalzium-Verhältnisses auf die parodontale Situation jedes einzelnen Probanden konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass ein deutlicher Unterschied zwischen den Probanden mit dem geringsten und dem höchsten Magnesium/Kalzium-Verhältnis besteht.“

Nach oben

8. Zusammenfassung


abstand
ausrufezeichen_c_50Der Umstand, dass 40 % unserer Bevölkerung ihren Blutdruck nicht mehr eigenstündig im Normalbereich halten können, ist ein eindeutiger Beweis dafür, dass etwas mit unserer Volksgesundheit nicht in Ordnung ist.
Es beginnt meistens harmlos, aber das Zitat „Der Mensch ist so alt wie seine Gefäße“ des deutschen Pathologen Rudolf Virchow (1821–1902) hat auch heute noch seine Gültigkeit.

Bluthochdruck ist aber keine bloße Laune der Natur. Der Organismus reagiert mit einer Erhöhung des Blutdrucks, damit trotz verengter Gefäße immer noch genügend Blut in das dahinterliegende Gewebe gelangt. Er hat also einen guten Grund, den Blutdruck zu erhöhen. Dagegen steht das erhöhte Risiko lebensgefährlicher Spätschäden, wenn die Toleranzgrenzen des Herz-Kreislauf-Systems erreicht sind. Der Arzt verschreibt deshalb blutdrucksenkende Mittel, um es zu schonen.

Ungeachtet (oder trotz?) aller medizinischen Fortschritte stirbt jeder Zweite an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung (nicht am natürlichen Verschleiß des Herzens).

Der Grund ist einfach: Es sind bislang keine medizinischen Wirkstoffe bekannt, die Arterienschäden rückgängig machen bzw. den starren Gefäßwänden ihre ursprüngliche Elastizität zurückgeben könnten. Das trifft aber nur zu, wenn wir uns ausschließlich auf Medikamente verlassen und die eigentlichen Risikofaktoren wie überhöhter Kochsalzkonsum, Rauchen, Alkoholkonsum, hoher BMI und mangelndes Gesundheitsbewusstsein übersehen.

Wer den Bluthochdruck senken will und zugleich etwas gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen tun möchte, muss aber genau dort ansetzen. Unser Stoffwechsel trägt seinen Teil dazu bei. Die Gefäßgesundheit und die Blutdruckregulation haben für ihn höchste Priorität, daher stehen Gehirn, Nieren, Herz, Haut und die Gefäße in ständigem Kontakt miteinander. Es steht außer Zweifel, dass dieses System in einem dauererregten oder sogar hektischen Zustand ist, wenn es laufend durch neue Kochsalzmengen belastet wird, während ihm andere wichtige Mineralien fehlen. Das verursacht Schwerstarbeit die weder sein muss noch irgendeinen Sinn hat, aber letztendlich unsere Organe schädigt.

Copyright, Layout, Text, Grafik: Claus Barta

Alle Rechte der Verbreitung, der Übersetzung und der Vervielfältigung vorbehalten. Dies gilt auch für Fotokopie, Internet, Tonträger oder in einer anderen Form. Auszugsweise Nachdrucke sind nur mit schriftlicher Genehmigung gestattet.

Quellenangaben